18.06.2020

SRF Arena

«Der Titel zur Sendung ist missglückt»

Nach der heftigen Kritik an der ersten Sendung über Rassismus nimmt jetzt «Arena»-Moderator Sandro Brotz ausführlich Stellung. Der 50-Jährige sagt, was vor einer Woche schief lief und was er beim zweiten Anlauf am Freitag besser machen will.
SRF Arena: «Der Titel zur Sendung ist missglückt»
«Ja, wir wollen es besser machen», sagt «Arena»-Moderator Sandro Brotz. (Bild: SRF/Oscar Alessio)
von Michèle Widmer

Herr Brotz, runder Tisch statt Polit-«Arena»: wird Ihre Sendung nun zum Club?
Der runde Tisch ist keine neue Erfindung, sondern kam in der «Arena» zuletzt im September 2017 nach den gescheiterten Vorlagen zur AHV 2020 und der Unternehmenssteuerreform III sowie im November 18 bei einer Diskussion über den Europarat zum Einsatz.

Für die Neuauflage der Sendung über Rassismus stellen Sie extra das «Arena»-Setting komplett um (persoenlich.com berichtete). Warum dieser Schritt?
Eine meiner Erkenntnisse aus den vergangenen Tagen ist, dass es für heikle Themen manchmal einen neuerlichen Anlauf und auch ein anderes Setting braucht.

Sie haben sich nach der heftigen Kritik entschlossen, die Sendung zu wiederholen. Was waren hauptsächlich die Gründe? Was haben Sie bei der ersten Ausgabe falsch gemacht?
Unsere Absicht war, nach dem brutalen Tod von George Floyd und den Black-Lives-Matter-Kundgebungen in der Schweiz über Rassismus hierzulande zu sprechen. Wir wollten ein Zeichen setzen, und das ist uns nicht so geglückt, wie wir uns das vorgestellt hatten. Der Titel zur Sendung ist missglückt – das gestehe ich unumwunden ein. Er hat falsche Erwartungen geweckt. Zudem war die Sendung möglicherweise thematisch überladen – gerade was den USA-Block anbelangt. Aber zur Einordnung der Geschehnisse hielten wir ihn für angebracht.


Die Sendung von letzter Woche mit dem Titel «Jetzt reden wir Schwarzen» war chaotisch, es wurde viel reingeredet und emotional diskutiert. Hatten Sie als Moderator manchmal den Gedanken, dass Ihnen die Diskussion entgleist?
Hätte es den Titel zur Sendung nicht gegeben, wäre die ganze Aufregung in dieser Form wohl kaum entstanden. Dafür übernehme ich als stellvertretender Leiter der «Arena» die volle Verantwortung. Auch wenn fünf schwarze Menschen an der Debatte teilnahmen, war die Wirkung so, dass sie teilweise hinter der Hauptrunde zu Wort kamen – da kann ich noch so lange mit ihnen reden, was ich auch getan habe: Rein optisch kommt es beim Publikum anders an. Aber als chaotisch habe ich die Sendung nie empfunden – sie war emotional, einverstanden, aber das gehört zu einer «Arena». Ich hatte jedoch nie den Eindruck, die Gesprächsführung sei mir entglitten.

Im Vergleich zu anderen Sendungen: Wie rege hat sich die Regie in Ihrem Ohr eingebracht? 
Da hat es keinen Unterschied zu anderen Sendungen gegeben. Meine Anweisung an die Produzentin oder den Produzenten ist grundsätzlich, nur so viele Anweisungen wie nötig zu geben – und in der Regel sind es rein zeitliche Hinweise. Ich habe einen Hang, zu überziehen …

«Man kann als Moderator und als Redaktion nie genug gut vorbereitet sein»

Das Thema Rassismus wird zurzeit sehr emotional geführt und ist äusserst komplex. Waren Sie gut genug vorbereitet auf die Sendung?
Man kann als Moderator und als Redaktion nie genug gut vorbereitet sein. Rassismus ist eines der Themen, die mich als Journalist seit Jahrzehnten beschäftigten. Ich habe immer wieder dazu recherchiert und publiziert. Aber auch ich lerne hoffentlich dazu. Vor der kommenden «Arena» habe ich mich nochmals intensiv mit Expertinnen und Experten auf diesem Gebiet ausgetauscht.

Sie sagten in einem Statement, dass Ihnen die Kritik auch für die «Arena»-Redaktion leid tue. Wer fällt am Schluss den Entscheid, welche Gäste in welcher Kombination bei Ihnen in der Sendung sind?
Wir diskutieren als Team vor jeder Sendung sehr intensiv darüber, wen wir als Gast einladen und führen dabei zahlreiche Sondierungsgespräche. Letztlich haben die Produzentin und ich den Entscheid gefällt. 

Es gab bisher 160 Beanstandungen bei der Ombudsstelle – und auch die Kritik von Ihren Journalistenkollegen war gross. Wie gehen Sie persönlich damit um?
Wer eine politische Talksendung moderiert, der muss mit Kritik umgehen können und sich ihr auch stellen. Was mich persönlich sehr beschäftigt, ist die zum Teil sehr gehässige Tonalität, gerade auf den sozialen Medien. Diese Tendenz zur Gehässigkeit stelle ich seit längere Zeit fest. Ich muss und kann damit umgehen, aber mein Team hat das nicht verdient.

Nun wollen Sie es besser machen: Wie bereiten Sie sich auf die zweite Sendung vor?
Ja, wir wollen es besser machen. Im vollen Bewusstsein, dass wir auch beim zweiten Anlauf nicht allen Erwartungen gerecht werden können.

Sie sagten, es sei schwierig gewesen schwarze Expertinnen oder Gäste für die Sendung zu finden. Nun sitzen in der Neuauflage nur Schwarze in der Runde. Was hat Ihr Team anders gemacht? 
Wir hatten bei der Anfrage für die erste Sendung mehrere Absagen von möglichen Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die zur Bedingung gestellt haben, dass die SVP nicht an der Debatte teilnimmt. Darauf konnte und wolle ich nicht eingehen. Wir entscheiden, wer die Gäste sind und dabei binden wir alle demokratisch legitimierten politischen Kräfte ein. Die Ausgangslage für die zweite Sendung ist insofern anders, weil sie nicht auf eine politische Kontroverse ausgerichtet ist. Ich will besser verstehen, warum das Thema Rassismus emotional so aufgeladen ist und was Lösungsansätze im Kampf gegen Diskriminierung sein könnten.

«Es wäre nicht konsequent, wenn ich mich jetzt im letzten Moment der Kritik in der Sendung nicht stellen würde»

Der einzige Weisse in der Runde werden Sie als Moderator sein. Auf Twitter kam der Vorschlag, dass «Tagesschau»-Moderatorin Angélique Beldner hätte einspringen können. War ein Wechsel bei der Moderation ein Thema?
Die Publizistischen Leitlinien von SRF verpflichten alle Mitarbeitenden zu einer unabhängigen und sachgerechten Berichterstattung. Diese Leitlinien unterscheiden nicht zwischen Geschlecht oder Hautfarbe, nicht zwischen der geschätzten Kollegin Angélique oder mir. Die journalistischen Grundregeln sind für alle gleich. Es wäre nicht konsequent, wenn ich mich jetzt im letzten Moment der Kritik in der Sendung nicht stellen würde.

Nach mehreren Monaten ohne Gäste wird die Sendung erstmals wieder mit Publikum stattfinden. Wie wird das die Debatte, die Sendung beeinflussen?
Aufgrund der BAG-Vorgaben und der 2-Meter-Distanzregeln wird es nur Platz für rund ein Dutzend Personen mehr haben. Ich freue mich auf die Rückkehr des Publikums und will es auch in die Sendung einbinden.



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Kommentare

  • Peter Eberhard, 19.06.2020 10:14 Uhr
    Interessant: Da haben offenbar mehrere Personen ihre Teilnahme davon abhängig gemacht, dass kein SVP-Vertreter dabei ist. Was soll denn eine solche Diskussionsverweigerung? Richtig, dass Sandro Brotz nicht darauf eingetreten ist. Und zum runden Tisch: Sehr gut, und bleiben Sie dabei, Herr Brotz. Das bisherige konfrontative Setting der Arena à la Boxring fand ich schon immer daneben, weil es die Teilnehmer nur dazu provoziert, vorgestanzte Schlagworte abzusondern, die der Meinungsbildung der Zuschauer kaum dienlich sind.
  • Peter Escher, 19.06.2020 08:41 Uhr
    Werter Herr Brotz, - finde es schade und " Gefährlich " sich zu einem Thema zum 2. Mal in der ARENA zu äussern, wenn es einer " Gruppe " nicht in den " Kram " passt. Nun, für mich wird es das erste Mal sein, am Freitag die ARENA nicht mitzuverfolgen. Gruss Peter Escher
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