02.08.2020

Nau.ch

Happige Vorwürfe gegen das Newsportal

Die Firma habe ihre eigenen Leute verraten, schreibt die Republik. Ungereimtheiten soll es bei der Kurzarbeit gegeben haben. Mittlerweile sei das Staatssekretariat für Wirtschaft informiert worden. Nau müsse mit einer Überprüfung rechnen.
Nau.ch: Happige Vorwürfe gegen das Newsportal
Die Nau-Journalisten werden angehalten, SEO-kompatible Texte zu schreiben. (Bild: Keystone/Lukas Lehmann)

Leere Versprechen, abrupte Führungswechsel und eine undurchsichtige Strategie – diese Erfahrungen hätten viele Nau-Redaktoren mit der dortigen Führung gemacht. Die Republik kontaktierte über ein Dutzend Quellen aus dem Umfeld von Nau. Der Bericht auf über 20'000 Zeichen stellt das Medien-Start-up in kein sonderlich gutes Licht.

Fakt ist, dass Nau – wie andere Medienunternehmen auch – fast alle ihrer 50 Angestellten in die Kurzarbeit schickte. Am 17. März habe die Geschäftsführung von den Mitarbeitenden die Zustimmung zur Kurzarbeit verlangt. Wer sich weigere, dem werde gekündigt – «zum Schutz der übrigen Mitarbeiter und der Firma», zitiert die Republik aus der E-Mail. Die Pensen seien schliesslich um bis zu 80 Prozent gekürzt worden. Offenbar jedoch nur auf dem Papier: «Drei voneinander unabhängige Quellen bestätigen, dass die Redaktion zu Mehrarbeit motiviert wurde», so die Republik. Aus «Solidarität» hätte die Redaktion «ähnlich viel wie vorher, teilweise sogar gleich viel» gearbeitet.

Damit nicht auffliege, dass sich die Journalistinnen und Journalisten nicht an die Vorgaben der Kurzarbeit halten, hätten sie nur noch einen Bruchteil ihrer Artikel mit Namen zeichnen dürfen. Die Republik rechnet vor: Während der siebenwöchigen Kurzarbeitsphase hätte die Zahl der mit «Redaktion» gezeichneten Artikel um 2000 Prozent zugenommen. Der Missbrauchsverdacht ist laut der Republik mittlerweile dem Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) gemeldet worden. Nau müsse mit einer Überprüfung rechnen. Das Seco äussert sich nicht zu konkreten Fällen.

Merkwürdiger Stellenabbau

Nau hat ferner neun Kündigungen ausgesprochen (persoenlich.com berichtete). Als «merkwürdig» bezeichnet dies die Republik. Die Kündigungen seien bereits 15 Tage nach Ende der Kurzarbeit ausgesprochen worden. Gekündigt worden sei drei Personen aus dem Videobereich, zwei aus dem Ressort Digital/Games, zwei aus den Lokalredaktionen und zwei aus dem Bereich Politik. Unter den Gekündigten kursiere der Verdacht, dass die Chefredaktion die Situation genutzt habe, um unbequeme Zeitgenossen loszuwerden. Es sei «ein rein strategischer Entscheid entsprechend der Marktveränderung», so Nau-CEO Yves Kilchenmann zur Republik. Kurz nach den Kündigungen seien fünf neue Praktikanten im Juli-Arbeitsplan aufgetaucht.

Auch über einen Strategiewechsel berichtet die Republik. Ab Frühling 2019 habe die Losung gegolten, möglichst viele Klicks zu generieren und Reichweite zu gewinnen – mittels Suchmaschinenoptimierung (SEO). Nau sei heute eine SEO-Maschine, sagt eine frühere Mitarbeiterin. «Ich bin nicht mal sicher, ob es überhaupt Journalismus war, was ich da bei Nau machte.» Etliche Mitarbeiter hätten in der Folge das Unternehmen verlassen.

Nau wollte sich am Freitag zu den Vorwürfen nicht äussern. (cbe)



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Kommentare

  • Ruedi Krämer, 03.08.2020 12:12 Uhr
    Meiner Meinung nach sollte man den Verantwortlichen genauer auf die Finger schauen. Ich kenne auch Fälle von anderen Medienunternehmen, wo mit der Kurzarbeit nicht alles sauber abgelaufen ist.
  • Victor Brunner, 01.08.2020 09:07 Uhr
    NAU ist die Talsohle des Journalismus in der Schweiz, nun auch Fall für das SECO. Verständlich dass sich Kilchenmann da einen Parlamentarier, Martin Candinas, in den VR holt, kann nicht schaden!
  • Robert Weingart , 31.07.2020 14:24 Uhr
    Auf wie vielen Redaktionen wurde wohl trotz Kurzarbeit mehr gearbeitet- alles aus „Selbstverständlichkeit“?
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