24.08.2022

SRF

«Ich bin mit der ‹Arena› noch nicht fertig»

Am Freitag kehrt der Polittalk aus der Sommerpause zurück. Redaktionsleiterin Franziska Egli spricht über die Weiterentwicklung der «Arena», die Kritik von Parteien an der Sendung – und sie sagt, weshalb sie es nie bereut hat, die «10 vor 10»-Moderation aufzugeben.
SRF: «Ich bin mit der ‹Arena› noch nicht fertig»
«Wir geben Druckversuchen nie nach. Würden wir das tun, könnten wir unserem Auftrag nicht gerecht werden», sagt «Arena»-Redaktionsleiterin Franziska Egli. (Bild: SRF/Oscar Alessio)

Frau Egli*, in der Schweiz war es ein glühend heisser Sommer. Wie haben Sie sich in der Sommerpause abgekühlt?
Ich habe viel gebadet und habe runtergefahren. Ich kann es dann aber nicht lassen, mich zu informieren und zu lesen – so bin ich einfach. Diesen Sommer war politisch allerdings einiges los. In der Regel steht der Politbetrieb in dieser Zeit eher still, weshalb man weniger Inputs von aussen als sonst im Jahr erhält. Deshalb geniesse ich diese Saison sehr, weil man mental und physisch abschalten und die Füsse ins Wasser halten kann (lacht). 

Es gab demnach kein «Sommerloch» in der Politik?
Das ist mein Eindruck. Die Energiedebatte im Kontext des Ukraine-Kriegs, ob wir im Winter frieren müssen oder nicht, war ein dominierendes Thema. Der Krieg war sicher ein Katalysator, dass politische Themen für einmal keine Sommerpause hatten. Zudem stehen 2023 eidgenössische Wahlen an.

Apropos Abkühlen: Sind Sie wieder bereit für hitzige «Arena»-Debatten?
Wir sind voll parat. Wie jeder andere Mensch bin auch ich nach Ferien etwas wehmütig gestimmt, weil es sehr schön war und man viel Zeit hatte für andere Sachen. Aber: Das, was wir bei der «Arena» tun, ist sehr spannend – und ich mache dies zusammen mit unserem Team mit grosser Freude. Ich freue mich sehr auf die Zeit, die folgt. 

Schon seit ein paar Monaten haben Sie die Moderation bei «10 vor 10» an den Nagel gehängt (persoenlich.com berichtete). Haben Sie diesen Entscheid nie bereut?
Nein. Den Prozess bis zum Entscheid habe ich schwierig gefunden, weil ich beide Aufgaben sehr gerne mache – die «10 vor 10»-Moderation und die Redaktionsleitung der «Arena». Irgendwann wurde mir aber bewusst, dass beides zusammen langfristig nicht funktioniert, weil es energetisch eine grosse Herausforderung ist. Hier eine Priorität zu setzen, war nicht einfach, aber für mich als Politologin war es die richtige Entscheidung: Mein Herz schlägt für die «Arena», zudem habe ich das Gefühl, dass ich mit dieser Sendung noch nicht fertig bin.

Wohin soll sich die «Arena» bewegen?
Anfangs Jahr haben wir den App-Artikel eingeführt, der jeweils am Samstagmorgen erscheint und sehr gut funktioniert. Und wir teilen auch die interessantesten und intensivsten Wortgefechte der Sendung auf Sandro Brotz’ Social-Media-Kanälen, die auch sehr gut laufen. Wir versuchen auf Social Media generell immer wieder neue Inhalte und Rubriken zu entwickeln. Die Herausforderung ist, neues Publikum sowie auch das gleiche auf anderen Kanälen zu finden. Das betrifft selbstredend alle SRF-Sendungen, aber gerade bei demokratierelevanten Inhalten wie sie die «Arena» bietet, ist es wichtig, auch andere Wege als das klassische lineare Fernsehen zu finden. Gleichzeitig ist es mir wichtig, dass die «Arena» bleibt, was sie ist.

«Das neue Studioelement erlaubt uns zusätzliche Spielereien»

Konkret?
Ein Forum für politische Debatten, das den aktuellen Diskurs abbildet und zur Meinungsbildung beiträgt. 

Als bekannt wurde, dass Sie die «10 vor 10»-Moderation abgeben, hiess es, dass Sie sich auf die Weiterentwicklung der «Arena» konzentrieren möchten. Bislang gab es ein neues Studioelement, den direkten Einbezug der Zuschauer im Studio in einen Dialog mit Politikern. War's das?
Wir sind stetig mit der Weiterentwicklung beschäftigt. Mit dem neuen Studioelement gilt es nun, Erfahrungen zu sammeln. Es gibt immer wieder neue Dinge, die dazukommen – derzeit ist aber noch nichts spruchreif. 

Haben Sie bereits Feedbacks von Zuschauern auf das neue Studioelement erhalten?
Vor allem von jenen Personen, die kurz nach der Einführung dort gestanden haben oder wohl nicht damit gerechnet haben, so nahe bei den Politikerinnen und Politikern zu sein. Ihr Tenor: «Da sind wir ja ganz vorne.» Alle haben sich aber sehr schnell mit der neuen Situation angefreundet. Es ist ein Element, das man sehr variabel einsetzen kann. Man kann auch Vertreterinnen und Vertreter einer zusätzlichen Partei beim Studioelement platzieren, die innerhalb der Debatte auch eine Rolle spielen, aber in einer bestimmten Sendung nicht in die Hauptrunde passen – wir haben das auch schon gemacht, und es hat eine zusätzliche Dynamik in die Sendung gebracht. Das neue Studioelement erlaubt uns zusätzliche Spielereien, was mir gefällt. Und etwas möchte ich noch anmerken.

Bitte.
Mit dem neuen Element haben wir eine Augenhöhe zwischen den Diskussionsteilnehmern und mitdiskutierenden Zuschauerinnen und Zuschauern erreicht: Indem die Publikumsgäste stehen statt sitzen und sich die Politikerinnen und Politiker nicht zu ihnen umdrehen müssen, findet eine andere Art des Dialogs als zuvor statt.

Jetzt, wo Sie sich auf die «Arena» konzentrieren können: Vermissen Sie es nicht, vor der Kamera zu stehen?
Nein, zumal ich bei eidgenössischen Abstimmungen weiterhin vor der Kamera stehe. Ich mache beide Aufgaben sehr gerne, sie sind beide spannend und anspruchsvoll. Vor der Kamera hat man eine ganz andere Rolle: Wenn man moderiert, steht man mehr im Schaufenster. Und man transportiert Inhalte nach aussen, für die viele Kolleginnen und Kollegen im Hintergrund unglaublich viel Arbeit geleistet haben. Der Unterschied zwischen den zwei Aufgaben ist, dass man – ob positiv oder negativ – sehr viele Rückmeldungen erhält, weil das Publikum die Moderatorin beziehungsweise den Moderator sieht. 

Behagt es Ihnen mehr, im Hintergrund tätig zu sein?
Ich will es so formulieren: Es ist der Ort, wo ich herkomme und meine Laufbahn als Journalistin begonnen habe.

«Solange die Kritik gleichmässig verteilt ist, bedeutet das, dass wir unseren Job richtig machen»

Inwiefern hat sich Ihr beruflicher Alltag durch die Abgabe der «10 vor 10»-Moderation verändert?
Auch die «Arena» ist kein Ponyhof (lacht). Im Kopf bin ich zwar immer noch mit verschiedenen Sachen gleichzeitig beschäftigt, der grosse Unterschied ist aber: Es ist immer im gleichen Teich. In zwei verschiedenen Gefässen tätig zu sein, die nicht so viel miteinander zu tun haben, war eine grosse Herausforderung. Ohne Sandro Brotz, meinen Stellvertreter bei der «Arena», wäre es unmöglich gewesen, beide Jobs ausführen zu können.

«Kein Ponyhof» – dieses Jahr stand die «Arena» in der Tat noch stärker im Schaufenster als sonst: Die SVP boykottierte die Arena rund drei Wochen lang, weil sie nicht einverstanden war, wie sich Moderator Sandro Brotz in der Sendung über den Ukraine-Krieg gegenüber Thomas Aeschi verhalten habe. Bereitete Ihnen dieser vorübergehende Boykott der SVP schlaflose Nächte?
Nein, wenn man deswegen schlaflose Nächte hätte, kann man diesen Job nicht machen. Dass verschiedene Parteien hie und da nicht mit uns einverstanden sind, liegt in der Natur der Sache. Parteien haben ihre Parteiprogramme und ihre Ziele, wir auf der anderen Seite haben einen Service-public-Auftrag zu erfüllen, zum Beispiel zur Meinungsbildung beizutragen. Das ist ein Ziel, das deckungsgleich sein kann mit jenen der Parteien – aber halt nicht immer. 

Die SVP beklagte sich Berichten zufolge bei der Aussprache mit SRF, dass Roger Köppel seit einiger Zeit nicht mehr eingeladen werde. Prompt wurde er für die Präsidenten-«Arena» eingeladen. Ist die Arena erpressbar?
(Bestimmt). Ganz klar: Nein. Wir geben Druckversuchen nie nach. Würden wir das tun, könnten wir unserem Auftrag nicht gerecht werden. 

Medien haben die Auswahl Köppels kritisiert, der nicht einmal Vizepräsident sei. Haben Sie Verständnis für diese Kritik?
Ich stehe zu 100 Prozent hinter unserem Entscheid, Roger Köppel als Gast in diese «Arena» eingeladen zu haben: SVP-Parteipräsident Marco Chiesa und SVP-Vizepräsidentin Magdalena Martullo-Blocher waren damals nicht verfügbar. Roger Köppel ist in der Parteileitung und bei der SVP zuständig fürs Dossier zum damaligen Sendungsthema. Aber natürlich steht es jedem Medienschaffenden frei, was er oder sie schreiben will.

Die Grünen verzichteten auf einen Auftritt in der «Arena» über den Ukraine-Krieg, weil SRF SVP-Fraktionspräsident Thomas Aeschi nach seinen Äusserungen im Parlament «erneut eine Plattform» bieten würde. Wie bewerten Sie diesen Fall aus der Distanz von mehreren Monaten?
Dieser Fall zeigt exemplarisch, dass von links über die Mitte bis rechts Kritik am Format geäussert wird. Solange die Kritik gleichmässig verteilt ist, bedeutet das, dass wir unseren Job richtig machen.

Die Fälle zeigen: Die Kritik der Politik an der «Arena» hat zugenommen. Hat Sie das überrascht?
Kritische Stimmen gibt es schon lange und immer wieder. Insofern ist das für mich kein komplett neues Phänomen.

«Die Auftrittskompetenz sowie rhetorische Skills werden gezielter geschult»

Sie haben demnach nicht den Eindruck, dass die Kritik zugenommen hat?
Ob es seit meinen Anfangszeiten bei der «Arena» substanziell mehr geworden ist, kann ich nur schwer einschätzen. Was sicher zutrifft, was aber nur indirekt mit der «Arena» zu tun hat: Die Bedeutung von Social Media hat seit meinem Start bei der Sendung stark zugenommen. Das Tempo hat angezogen: Userinnen und User müssen heute nicht mehr den Weg über klassische Medien beschreiten, um Meinungsbeiträge zu verfassen. Was wiederum dazu führt, dass Voten über Social Media von Medien viel schneller aufgenommen werden. Deshalb kann man es aus meiner Sicht gar nicht mit früheren Zeiten vergleichen. Aber klar: Wenn die «Arena» oder bekannte Politikerinnen und Politiker involviert sind, hat es eine gewisse Aussenwirkung, der sich mediengewandte Social-Media-User bewusst sind.

In einem persoenlich.com-Interview ein halbes Jahr nach Ihrem Start bei «10 vor 10» haben Sie gesagt, dass Sie auf Social Media deshalb nicht präsent seien, weil Ihnen die Zeit dazu fehle. Wird man Sie nun öfters auf Twitter antreffen?
Ich äussere mich inzwischen schon ab und zu, aber immer noch nicht in der Kadenz, wie es andere tun. Wenn man in den sozialen Medien präsent ist, soll man meiner Meinung nach die Plattformen auch ernst nehmen, in Dialog mit den Userinnen und Usern treten, auf Kommentare und Feedback eingehen. Deswegen äussere ich mich aktuell sehr gezielt – die zeitliche Komponente ist nämlich nicht zu unterschätzen bei einer häufigeren Präsenz.

Wie hat sich der politische Diskurs verändert, seit Ihrem Start Ende 2013 bei der «Arena»?
Was es sicher gegeben hat, ist eine weitere Professionalisierung auf der politischen Ebene, die bereits damals begonnen hat: Die Auftrittskompetenz sowie rhetorische Skills werden gezielter geschult. Das spürt man. Social Media haben nicht nur die Geschwindigkeit erhöht, sondern auch den Umgangston etwas rauer gemacht. Gerade während Corona hat sich dieser auf Social Media nochmals verschärft. 

Und in der «Arena» selber?
Auch hier hat sich der Diskurs verändert, aber das kommt nicht überraschend, ist die «Arena» doch ein Abbild der öffentlichen Debatte. Andererseits haben wir auch den Hang, den Diskurs von früher zu idealisieren – Christoph Blocher und Peter Bodenmann etwa haben sich auch nicht mit Samthandschuhen angefasst.

Am Freitag kehrt die «Arena» mit der Abstimmungssendung zur Verrechnungssteuerreform zurück. Weshalb muss man diese Sendung unbedingt sehen?
Für die Meinungsbildung ist es wichtig, sich zu informieren. Gerade eine Abstimmungssendung im Vorfeld einer Vorlage ist eine «gäbige» Art, dies zu tun. Weil wir uns in einem Spektrum zwischen Information und Unterhaltung bewegen. Wie sonst werden wir auch am 26. August hockkarätige Gäste haben, darunter Bundesrat Ueli Maurer. 


*Franziska Egli ist seit Ende 2013 für die SRF-Politsendung «Arena» tätig, zuerst als Produzentin und seit 2018 als Redaktionsleiterin. Von Spätherbst 2020 bis Februar 2022 war die 38-Jährige zusätzlich als «10 vor 10»-Moderatorin tätig. Ihren Einstieg in den Journalismus machte sie 2008 als Produktionsassistentin bei «Schweiz aktuell» – parallel zu ihrem Politikwissenschaftsstudium an den Universitäten Zürich und Genf. Später war sie bei SRF Projektleiterin für die Online- und Social-Media-Begleitung diverser Langzeitreportagen wie «Bundeshaus live». Ausserdem wirkte sie bei verschiedenen Sendungen als Produktionsleiterin, darunter 2011 bei «Treffpunkt Bundesplatz», dem trimedialen Projekt im Vorfeld der eidgenössischen Wahlen.


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