11.10.2025

SRG

Susanne Wille verteidigt UKW-Ausstieg

Die SRG-Generaldirektorin hat in der «Samstagsrundschau» zur UKW-Abschaltung Stellung genommen: Die 14 Prozent Hörverluste täten ihr weh, dennoch verteidige sie den Entscheid. Gleichzeitig warnt sie vor der 200-Franken-Initiative. persoenlich.com fasst die wichtigsten Aussagen zusammen.
SRG: Susanne Wille verteidigt UKW-Ausstieg
«Eine halbierte SRG ist das Ende der SRG, so wie wir sie heute kennen», so SRG-Generaldirektorin Susanne Wille, hier an einer Medienkonferenz in Bern. (Bild: Keystone/Til Buergy)

Der UKW-Ausstieg der SRG am 31. Dezember 2024 führte zu einem Rückgang von 14 Prozent bei den Radiohörerzahlen. «Mir tut jeder Hörer, jede Hörerin, die wir verlieren, weh», räumte Wille im Interview mit Dominik Meier live auf Radio SRF 1 ein. Besonders betroffen sind Autofahrer, da jedes dritte Auto noch über kein DAB+ verfügt. Die privaten Radios profitierten und gewannen Hörer dazu (persoenlich.com berichtete).

Wille verteidigte den Entscheid dennoch: «Service public bedeutet, man übernimmt die Verantwortung für den Medienplatz Schweiz.» Die SRG sei den privaten Radios vorausgegangen, weil sie nicht von Werbegeldern abhängig sei. Auf die Frage, ob dies ein Fehler gewesen sei, sagte Wille: «Wenn wir einen Fehler gemacht haben und ich den Fehler gesehen habe, bin ich die Erste, die sagt, wir haben einen Fehler gemacht. Aber im Moment müssen wir die Situation beobachten.»

Auf die Frage nach einer möglichen UKW-Rückkehr blieb Wille diplomatisch: «Wir befassen uns mit allen Optionen.» Der Nationalrat stimmte im September für eine UKW-Verlängerung, im Dezember entscheidet der Ständerat. Eine Rückkehr wäre jedoch frühestens 2027 möglich, da die SRG ihre Funkkonzession bereits zurückgegeben hat. Mit dem vorzeitigen Ausstieg spart sie 15 Millionen Franken pro Jahr. «Bis Ende 2026 sparen wir so 30 Millionen Franken, die ich nicht beim Programm hätte streichen wollen», verteidigte Wille den Entscheid.

Spardruck von 270 Millionen bis 2029

Die SRG steht unter finanziellem Druck. Bis zum Jahr 2029 muss das Unternehmen 270 Millionen Franken einsparen. «Wir konnten die Sparvolumen nicht mehr einfach auf SRF und RTS verteilen. Das macht das Programm kaputt», erklärte Wille. Stattdessen optimiere man zunächst die Strukturen und wolle enger zusammenrücken. Doppelspurigkeiten sollen eliminiert werden – beispielsweise bei IT- und Finanzabteilungen in den verschiedenen Regionen. «Das hat die SRG in diesem Umfang noch nie gemacht.»

Bereits wurden verschiedene Sendungen eingestellt, darunter das «Wissenschaftsmagazin», was eine Petition mit über 20'000 Unterschriften auslöste. Auch «Gesichter und Geschichten», verschiedene «Tagesschau»-Ausgaben und Wirtschaftsmagazine wurden gestrichen. Den Aufschrei der Zuschauer interpretiert Wille als positives Zeichen: «Stellen Sie sich vor, man regt sich nicht mehr auf, wenn die SRG eine Sendung einstellt. Dann sind wir den Menschen egal.» Kritiker werfen der SRG vor, die Proteste taktisch zu nutzen. Wille wies dies zurück: «Es wäre grundfalsch, aus taktischen Gründen dem Publikum ein Programm wegzunehmen. Das wäre unanständig.»

Die umstrittene Vereinbarung mit den privaten Verlegern verteidigte Wille vehement. Demnach schränkt die SRG ihre Onlineangebote ein, im Gegenzug sprechen sich die Verleger gegen die 200-Franken-Initiative aus. «Der Medienplatz Schweiz ist zu klein, um sich gegenseitig zu bekämpfen», argumentierte Wille. Auf Vorwürfe, sich die Nein-Parole «erkauft» zu haben, antwortete sie: «Es geht nicht um eine Nein-Parole. Die Publizistik verändert sich nicht. Ich habe sehr viele SRG-kritische Artikel gelesen, das ist gut so.» 

Warnung vor der 200-Franken-Initiative

Besonders eindringlich warnte Wille vor den Folgen der 200-Franken-Initiative: «Eine halbierte SRG ist das Ende der SRG, so wie wir sie heute kennen.» Die SRG gebe bereits heute die Hälfte ihres Budgets für Information aus. Bei einer Halbierung könnten keine aufwändigen Sendungen wie das Lauberhornrennen oder «Donnschtig-Jass» mehr produziert werden.

Ihre Nervosität vor der Abstimmung bezifferte sie auf sieben von zehn Punkten. Besonders betroffen wären die Sprachminderheiten: «Gerade für die Westschweiz, für eine rätoromanische Schweiz, für eine italienische Schweiz ist es ganz wichtig, dass es eine SRG auch gibt.»

Bei den jungen Zielgruppen räumte Wille Schwierigkeiten ein. Allgemein erreiche die SRG nur rund die Hälfte der Jungen, bei den newsinteressierten jungen Menschen seien es über 70 Prozent. Viele Experimente für jüngere Zielgruppen seien nach kurzer Zeit wieder eingestellt worden. Auf den Vorwurf der Linkslastigkeit antwortete Wille: «Falsch. Der Vorwurf hat mehr zu tun damit, wo sich die Person politisch verortet.» Sie kündigte mehr Transparenz und eine genauere Analyse von UBI-Fällen (Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen) an.

Zentralle Rolle bei Suche nach Wappler-Nachfolge

Parallel zu den aktuellen Herausforderungen konsolidiert Wille ihre Position innerhalb des Unternehmens. Bei der Suche nach einer neuen SRF-Direktorin oder einem neuen SRF-Direktor übernimmt sie laut Schweiz am Wochenende eine zentrale Rolle: Als einzige Medienexpertin im Nominationsausschuss kann sie die Kandidatenauswahl massgeblich beeinflussen. Die Stelle wird frei, nachdem SRF-Direktorin Nathalie Wappler angekündigt hat, Ende April 2026 zurückzutreten.

Die CH-Media-Zeitung hält fest, dass das Wahlverfahren auf zwei Ebenen ablaufe: Offiziell entscheide der SRG-Verwaltungsrat, inoffiziell sorge Wille dafür, «dass der von ihr favorisierte Bewerber das Rennen macht». Im Unterschied zur Wahl von Wappler 2018, als ihr Vorgänger Gilles Marchand weniger stark eingebunden war, ist Wille nun direkt im Nominationsausschuss präsent. (cbe)


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KOMMENTARE

Silvana Oprandi
13.10.2025 13:40 Uhr
Frau Wille täte gut daran, endlich die Dinge beim Namen zu nennen. Der Zuhörervelust seit der UKW Abschaltung liegt weit über 20%, das tut nicht weh, sondern ist ein Versagen auf der ganzen Linie. Solange die SRG jeden Fehlentscheid schönzureden versucht, verliert sie unweigerlich an Glaubwürdigkeit. Wenn man schon die Kosten von UKW auf 15 mio CHF beziffert, sollte man auch endlich die Kosten von DAB und DAB+ beziffern und ich werde den Verdacht nicht los, dass diese höher liegen. Service Public wird immer hoch angepriesen, aber genau da wurde in den letzten Jahren gespart, kein wunder haben die Steuerzahler langsam die Nase voll. Nebenbei bemerkt, es ist das Fernsehen welches den Löwenanteil der Kosten ausmacht und nicht das Radio, welches völlig irrational geknebelt wurde. Was da gemacht wurde ist so, als ob ein Taxiunternehmer als Sparmassnahme auf die Fahrzeuge verzichtet und anschliessend beklagt, dass die Kunden sich woanders umsehen.
Jürg W. Egli
13.10.2025 10:52 Uhr
Martin Candinas zur Halbierungsinitiative: «Es geht dort [Bergregionen] um die mediale Grundversorgung». SRG: Lasst uns mal kurz UKW abschalten. Zack bum: Die alten Subaru-Autoradios verstummen.
Andrea Erzinger
13.10.2025 02:44 Uhr
Reichweiten müssen hart erkämpft werden, schon ein paar wenige Prozente sind ein Riesenerfolg oder bei Verlust eine Katastrophe für ein Medienunternehmen. Dass die SRG 14 Prozent Verlust mit Begriffen aus der Trauerarbeit ("tut weh" ) begegnet, zeigt, wie wenig unternehmerisch das Management denkt und handelt. Die Abschaltung von UKW bleibt eine kapitale Dummheit und die SRG sollte dringend die Frage beantworten, wie sie Reichweite zurückgewinnen will.
Beat Sieber
12.10.2025 13:26 Uhr
Der Vergleich mit Mittelwelle hinkt. Im Gegensatz zu Mittelwelle bietet UKW HiFi-Qualität. DAB nur, wenn die Datenrate über 80kB/s liegt. Vielleicht kommt dann SRF1 via UKW wieder. Es würde genügen, wenn man hoch gelegene Stationen einschalten würde. Auch die Aussendung in Mono würde den Empfang verbessern, denn es gäbe weniger Verzerrungen wie beim Stereoempfang und das Empfangssignal müsste weniger stark sein für guten Monoempfang. Allerdings mit RDS. Gut gelegene Stationen sind Chasseral, 88.2/ Rigi, 90.9/ Chrischona, 90.6/ Säntis, 95.4/ Niederhorn, 93.6 und noch Valzeina in Region Chur und Feschel im Wallis. So könnte ein Grossteil des Landes gut versorgt werden. In den anderen Sprachregionen dasselbe System. Dank der freigewordenen UKW-Frequenzen könnten private Radios auf Antrag jeweils 1-2 UKW-Frequenzen in einfachem Verfahren erhalten.
Jean-Pierre Wüthrich
12.10.2025 12:28 Uhr
Sehr gut erklärt von Susanne Wille Was gibts da zu jammern. Es wurde ja genug Werbung gemacht für Umstieg auf DAB+. Ich habe schon per 28.12.2008 auf DAB/DAB+ umgestellt, als in der Schweiz die Mittelwelle, Landessender Beromünster, MW 531, abgestellt wurde. MW 531 verbreitete ja die SRF Musikwelle über die Luft. Mich würde es Wunder nehmen, wieviele Hörer damals nach der Abschaltung der Mittelwelle (Landessender Beromünster per 28.12.2008 verloren haben. Die Fahrzeughersteller haben es unterlassen, DAB+ serienmässig anzubieten. BMW hat glaub ich ab 2014 in der Schweiz auch beim einfachsten Autoradio DAB+ serienmässig drin. Bei Ford war ab Oktober 2015 DAB+ serienmässig drin, ausser beim Ford Ka. Wenn ich damals Autoverkäufer gewesen wäre, hatte ich zukünftige Neufahrzeug-Besitzer darauf aufmerksam gemacht, DAB+ ab Werk zu bestellen. Ich habe mir neben Oldtimer und Youngtimer mir DAB+-Autoradio, DAB+-Nachrüstung als Hobby zugelegt, nachdem per 28.12.2008 der Landessender Beromünster, Mittelwelle 531, abgestellt wurde. Ich war enttäuscht, dass ich damals mein Lieblingssender, DRS Musikwelle, heutige SRF Musikwellle, nicht mehr im Oldtimer empfangen kann.
Max Röthlisberger
12.10.2025 07:43 Uhr
«Eine halbierte SRG ist das Ende der SRG, so wie wir sie heute kennen». Es stellt sich aber schon die Frage, ob das Volk den so eine SRG will, wie sie heute ist?
Victor Brunner
11.10.2025 16:49 Uhr
Die Krokodilstränen von Frau Wille. Sie und SRF kennen ihr Publikum nicht, sie treffen Entscheide in ihrer geschützten Oase. Dank Zwangsgebühren können sie das. Tausende abgehängt kein Problem zahlen müssen sie trotzdem.
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