Der UKW-Ausstieg der SRG am 31. Dezember 2024 führte zu einem Rückgang von 14 Prozent bei den Radiohörerzahlen. «Mir tut jeder Hörer, jede Hörerin, die wir verlieren, weh», räumte Wille im Interview mit Dominik Meier live auf Radio SRF 1 ein. Besonders betroffen sind Autofahrer, da jedes dritte Auto noch über kein DAB+ verfügt. Die privaten Radios profitierten und gewannen Hörer dazu (persoenlich.com berichtete).
Wille verteidigte den Entscheid dennoch: «Service public bedeutet, man übernimmt die Verantwortung für den Medienplatz Schweiz.» Die SRG sei den privaten Radios vorausgegangen, weil sie nicht von Werbegeldern abhängig sei. Auf die Frage, ob dies ein Fehler gewesen sei, sagte Wille: «Wenn wir einen Fehler gemacht haben und ich den Fehler gesehen habe, bin ich die Erste, die sagt, wir haben einen Fehler gemacht. Aber im Moment müssen wir die Situation beobachten.»
Auf die Frage nach einer möglichen UKW-Rückkehr blieb Wille diplomatisch: «Wir befassen uns mit allen Optionen.» Der Nationalrat stimmte im September für eine UKW-Verlängerung, im Dezember entscheidet der Ständerat. Eine Rückkehr wäre jedoch frühestens 2027 möglich, da die SRG ihre Funkkonzession bereits zurückgegeben hat. Mit dem vorzeitigen Ausstieg spart sie 15 Millionen Franken pro Jahr. «Bis Ende 2026 sparen wir so 30 Millionen Franken, die ich nicht beim Programm hätte streichen wollen», verteidigte Wille den Entscheid.
Spardruck von 270 Millionen bis 2029
Die SRG steht unter finanziellem Druck. Bis zum Jahr 2029 muss das Unternehmen 270 Millionen Franken einsparen. «Wir konnten die Sparvolumen nicht mehr einfach auf SRF und RTS verteilen. Das macht das Programm kaputt», erklärte Wille. Stattdessen optimiere man zunächst die Strukturen und wolle enger zusammenrücken. Doppelspurigkeiten sollen eliminiert werden – beispielsweise bei IT- und Finanzabteilungen in den verschiedenen Regionen. «Das hat die SRG in diesem Umfang noch nie gemacht.»
Bereits wurden verschiedene Sendungen eingestellt, darunter das «Wissenschaftsmagazin», was eine Petition mit über 20'000 Unterschriften auslöste. Auch «Gesichter und Geschichten», verschiedene «Tagesschau»-Ausgaben und Wirtschaftsmagazine wurden gestrichen. Den Aufschrei der Zuschauer interpretiert Wille als positives Zeichen: «Stellen Sie sich vor, man regt sich nicht mehr auf, wenn die SRG eine Sendung einstellt. Dann sind wir den Menschen egal.» Kritiker werfen der SRG vor, die Proteste taktisch zu nutzen. Wille wies dies zurück: «Es wäre grundfalsch, aus taktischen Gründen dem Publikum ein Programm wegzunehmen. Das wäre unanständig.»
Die umstrittene Vereinbarung mit den privaten Verlegern verteidigte Wille vehement. Demnach schränkt die SRG ihre Onlineangebote ein, im Gegenzug sprechen sich die Verleger gegen die 200-Franken-Initiative aus. «Der Medienplatz Schweiz ist zu klein, um sich gegenseitig zu bekämpfen», argumentierte Wille. Auf Vorwürfe, sich die Nein-Parole «erkauft» zu haben, antwortete sie: «Es geht nicht um eine Nein-Parole. Die Publizistik verändert sich nicht. Ich habe sehr viele SRG-kritische Artikel gelesen, das ist gut so.»
Warnung vor der 200-Franken-Initiative
Besonders eindringlich warnte Wille vor den Folgen der 200-Franken-Initiative: «Eine halbierte SRG ist das Ende der SRG, so wie wir sie heute kennen.» Die SRG gebe bereits heute die Hälfte ihres Budgets für Information aus. Bei einer Halbierung könnten keine aufwändigen Sendungen wie das Lauberhornrennen oder «Donnschtig-Jass» mehr produziert werden.
Ihre Nervosität vor der Abstimmung bezifferte sie auf sieben von zehn Punkten. Besonders betroffen wären die Sprachminderheiten: «Gerade für die Westschweiz, für eine rätoromanische Schweiz, für eine italienische Schweiz ist es ganz wichtig, dass es eine SRG auch gibt.»
Bei den jungen Zielgruppen räumte Wille Schwierigkeiten ein. Allgemein erreiche die SRG nur rund die Hälfte der Jungen, bei den newsinteressierten jungen Menschen seien es über 70 Prozent. Viele Experimente für jüngere Zielgruppen seien nach kurzer Zeit wieder eingestellt worden. Auf den Vorwurf der Linkslastigkeit antwortete Wille: «Falsch. Der Vorwurf hat mehr zu tun damit, wo sich die Person politisch verortet.» Sie kündigte mehr Transparenz und eine genauere Analyse von UBI-Fällen (Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen) an.
Zentralle Rolle bei Suche nach Wappler-Nachfolge
Parallel zu den aktuellen Herausforderungen konsolidiert Wille ihre Position innerhalb des Unternehmens. Bei der Suche nach einer neuen SRF-Direktorin oder einem neuen SRF-Direktor übernimmt sie laut Schweiz am Wochenende eine zentrale Rolle: Als einzige Medienexpertin im Nominationsausschuss kann sie die Kandidatenauswahl massgeblich beeinflussen. Die Stelle wird frei, nachdem SRF-Direktorin Nathalie Wappler angekündigt hat, Ende April 2026 zurückzutreten.
Die CH-Media-Zeitung hält fest, dass das Wahlverfahren auf zwei Ebenen ablaufe: Offiziell entscheide der SRG-Verwaltungsrat, inoffiziell sorge Wille dafür, «dass der von ihr favorisierte Bewerber das Rennen macht». Im Unterschied zur Wahl von Wappler 2018, als ihr Vorgänger Gilles Marchand weniger stark eingebunden war, ist Wille nun direkt im Nominationsausschuss präsent. (cbe)
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