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Der Presserat und der Unrat

René Zeyer

Der Schweizerische Presserat soll Unrat in den Medien bekämpfen. Medienschaffende und auch das gemeine Publikum können sich an ihn mit einer Beschwerde richten. Daraufhin – oder aus eigenem Antrieb – nimmt er Stellung. Das Verfahren ist kostenlos. Dabei überprüft der Presserat, ob gegen den sogenannten Journalistenkodex verstossen wurde. Hier sind ein paar Spielregeln zusammengestellt; wie beispielsweise das Recht, vor einem publizierten Vorwurf angehört zu werden.

Zudem kümmert sich der Presserat um die Verteidigung der Presse- und Meinungsäusserungsfreiheit. Dafür beschäftigt diese Stiftung 21 Mitglieder, die in drei Kammern organisiert sind; wie bei einem echten Gericht. Natürlich gibt es auch einen Stiftungsrat, der zurzeit von Markus Spillmann präsidiert wird. In seinem vorherigen Leben war Spillmann der erste Chefredakteur der Neuzeit, der bei der NZZ gefeuert wurde.

Auch der Presserat kämpft mit den Problemen, denen sich alle Medien ausgesetzt sehen: mangelnde Aufmerksamkeit für seine Entscheidungen, zunehmende Probleme bei der Finanzierung seiner Tätigkeit. Längst ist es nicht mehr so, dass alle Medien seine Urteile publizieren, wie es früher der Brauch war. Insbesondere natürlich, wenn der Presserat eine Verletzung der journalistischen Regeln festgestellt hat.

Man sollte also annehmen können, dass Mitglieder des Presserats seine Regeln exemplarisch befolgen. Insbesondere, wenn es sich um den Präsidenten der 3. Kammer und Vizepräsidenten des Presserats, den Publizisten und Lic. phil. I Max Trossmann handelt. Gerade bei öffentlichen Äusserungen in Kommentarspalten, wo ja allgemein eine Verwilderung der Sitten, unflätige Angriffe und das Aufstellen unbelegter Behauptungen beklagt werden. Oder das Wiedergeben von Falschaussagen, die in der eigenen Filterblase kursieren. Oder der fehlende Bezug zum Inhalt des Kommentierten.

Sollte so sein, ist nicht so. Im Online-Magazin «Medienwoche» äusserte ich mich zur Frage, ob das Medienhaus Ringier eigene Artikel aus der Mediendatenbank SMD löschen dürfe. Hier argumentierte ich in sachlichem Ton gegen die Auffassung des Presserats, dass Ringier damit «die historische Wahrheit» verfälsche, wie das Gremium öffentlich kritisiert hatte.

Nun bin ich, vielleicht im Gegensatz zum Presserat, nicht der Ansicht, dass ich die jeweils allein gültige und unbezweifelbare Wahrheit verkörpere und äussere. Sondern immer für argumentative Kritik zu haben. «René Zeyer ist sicher der berufenste Fürsprecher von Ringiers unternehmerischen Interessen. Und berufen, für den Journalistenkodex einzustehen. So wie er sich für Jean-Claude Bastos ins Zeug legt. Oder für Raiffeisen. Und sich anderntags als PR-Profi andient. Zeyer spreche ich als Autor jede Glaubwürdigkeit ab. Basta.»

So polterte Trossmann in einem Kommentar, und um seiner Meinung mehr Gewicht zu verleihen, unterzeichnete er nicht nur mit seinem Namen, sondern auch mit seiner Funktion als Vizepräsident des Presserats. Offensichtlich nahm er dabei Bezug auf einen Verleumdungs-Artikel, der kurz zuvor im «Tages-Anzeiger» über mich erschienen war.

Nur: Gerade als Vizepräsident hätte Trossmann doch wissen müssen, dass er mit seiner unqualifizierten Schmähkritik gleich gegen zwei Vorschriften des Presserats verstiess: Unterlassen nicht gerechtfertigter Anschuldigungen und Anhörung bei schweren Vorwürfen. Einem Journalisten jede Glaubwürdigkeit abzusprechen und zu unterstellen, dass er seine Publizistik nach Zahlungen ausrichtet, sind wohl die schwersten Vorwürfe, die man erheben kann. Auf die Verleumdung im «Tages-Anzeiger» reagierte ich nicht, weil sie zu Recht wirkungslos im Nirwana verschwand und ich ihr durch Gegenwehr keine anhaltende Aufmerksamkeit verschaffen wollte.

Aber gegen dieses Verhalten von Herrn Trossmann reichte ich am 18. April dieses Jahres beim Presserat eine Beschwerde ein. Ich darf mich für einmal selbst zitieren:

«Herr Trossmann spricht mir hier ‹jede Glaubwürdigkeit als Autor ab›. Das begründet er mit einer impliziten Bezugnahme auf einen Artikel im ‹Tages-Anzeiger› vom 17. April 2019, wo mir vom Chefredaktor Arthur Rutishauser die Vermischung von journalistischer Tätigkeit und PR-Arbeit unterstellt wird. Diese haltlose und auf angeblichen, anonymen Quellen beruhende Verleumdung übernimmt Trossmann als Tatsachenbehauptung.
Überdies hat sein Kommentar nicht das Geringste mit dem Inhalt meines Artikels zu tun. Es handelt sich hier also einwandfrei um eine sachlich nicht gerechtfertigte Anschuldigung, die zudem meine Reputation als Journalist BR schwer beschädigt, weil Herr Trossmann mir belegfrei unterstellt, ich würde mich journalistisch für Jean-Claude Bastos oder Raiffeisen ‹ins Zeug legen› und mich ‹anderntags als PR-Profi andienen›. Der Vorwurf, käuflich zu sein oder den Inhalt von journalistischen Publikationen nach der Bezahlung von darin vorkommenden Personen oder Firmen zu richten, ist wohl der schwerwiegendste, den man einem Journalisten machen kann. Daher hätte mich Herr Trossmann obligatorisch damit konfrontieren müssen.»

Seit nunmehr drei Monaten brütet der Presserat über dieser Beschwerde und teilte mir nur mit, dass Trossmann antragsgemäss bei diesem Fall in Ausstand trete. Ob wir wohl noch in diesem Jahr mit einem Urteil rechnen dürfen?



René Zeyer ist Inhaber von Zeyer Kommunikation in Zürich. Er ist Publizist (BaZ, «SonntagsZeitung», «Weltwoche», NZZ) und Bestsellerautor.

Der Autor vertritt seine eigene Meinung. Sie deckt sich nicht in jedem Fall mit derjenigen der Redaktion.

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Kommentare

  • Robert Weingart , 23.07.2019 09:22 Uhr
    Zeyer schreibt von sich schon in der dritten Person. Bedenklich. Warum bietet man ihm hier diese Plattform für seinen Egotrip?
  • René Zeyer, 22.07.2019 15:55 Uhr
    Ach je, jetzt auch noch Philipp Cueni, der eigentlich nie fehlen darf, wenn es um Zeyer-Bashing geht. Wie immer hat er dabei den Blick fürs Wesentliche in meinem Beitrag. Mögen also die Reformen zu einer Verkürzung der Entscheidungswege führen, möge sich die Publikation von seinen Urteilen gebessert haben, und möge Spillmann im besten gegenseitigen Einvernehmen von der NZZ geschieden sein. Aber: Die Frage des Beobachters habe ich eigentlich schon im Artikel beantwortet. Da ja auch Cueni nicht so begriffsstutzig ist, dass er diese Antwort überlesen oder nicht verstanden hätte, ist seine Nachfrage ja nichts anderes als überflüssig oder maliziös. Interessant hingegen, dass nun schon der zweite Vizepräsident des Presserats einen Zeyer-Text kommentiert. Allerdings auch nicht viel gehaltvoller als der erste ...
  • Philipp Cueni, 22.07.2019 11:13 Uhr
    René Zeyer nutzt seinen Blog (oben) bei „persönlich.com“ für ein Plädoyer in eigener Angelegenheit und er geht dabei auch auf den Presserat ein. Dazu einige Anmerkungen: - Das Verfahren nach Einreichen einer Beschwerde beim Presserat dauert tatsächlich relativ lange – zu lange, wie der Presserat selbst findet. Deshalb hat der Presserat kürzlich darüber informiert, dass er Reformen eingeleitet hat – auch bei der Abwicklung der Verfahren. Die Eingabe von Herrn Zeyer wird genauso (schnell) behandelt wie alle anderen Eingaben. - Die Publikation der Urteile des Presserates, insbesondere durch die betroffenen (gerügten) Redaktionen, hat sich nachweislich gebessert – entgegen der Behauptung von René Zeyer. - Der Präsident des Stiftungsrates Presserat, Markus Spillmann, ist von der NZZ nicht „gefeuert“ worden, wie Zeyer schreibt. Siehe dazu das damalige Communiqué von NZZ-VR-Präsident Etienne Jornod. - Der Vorwurf von Zeyer gegen einen Artikel des Tamedia-Chefredaktors Arthur Rutishauser ist mit „Verleumdung“ massiv. Der Beobachter fragt sich, warum denn Herr Zeyer bei einem offenbar derart schwerwiegenden Sachverhalt nicht gegen den Tages-Anzeiger-Text klagt? Philipp Cueni, Vizepräsident Stiftungsrat Presserat
  • Victor Brunner, 21.07.2019 16:22 Uhr
    Nun mag man Zeyer mögen oder nicht, aber Trossmann geht entscheiden zu weit und missbraucht seine Stellung im Presserat, da nützt Aussatnd in der Causa Zeyer nichts, da ist Abgang angesagt wegen fehlendem Vertrauen und Anstand! Peinlich Trossmann beruft sich auf den Artikel im ‹Tages-Anzeiger› vom 17. April 2019, wo Chefredaktor Arthur Rutishauser Zeyer die Vermischung von journalistischer Tätigkeit und PR-Arbeit unterstellt. Ausgerechnet Rutishauser beklagt Vermischung, TA und SZ sind Spitze darin, Autoartikel, wohlwollende Restaurantartikel (ist nie vermerkt ob bezahlt), schöne Reiseberichte, (unten rechts "mit Unterstützung von ...), oder das verhökern von Seite 3 für Werbung. Dazu kommt noch die Nichtberichterstattung aus Rücksicht auf Personen (NZZ Guyer) oder Firmen (CS, UBS). ...
  • Robert Weingart , 20.07.2019 07:57 Uhr
    Selbstdarsteller.
  • Rudolf Bolli, 19.07.2019 13:31 Uhr
    Was bezweckt denn René Zeyer mit seinem Tritt ans Bein des Stiftungsratspräsidenten? Will er ihn wegen seines journalistischen "Vorlebens" diskreditieren?
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