27.11.2020

20 Minuten Radio

«Der Werbeumsatz hat sich mehr als verdoppelt»

Der allererste Geburtstag: Das Pendlerradio von 20 Minuten wird am Freitag jährig. Coronakrise und sinkende Hörerzahlen liessen das Baby weniger schnell wachsen als erwartet. Die beiden «Väter» Sven Ruoss und Marc Jäggi über Geld vom Bund und Geschenke für Hörerinnen und Hörer.
20 Minuten Radio: «Der Werbeumsatz hat sich mehr als verdoppelt»
Haben für das zweite Betriebsjahr von 20 Minuten Radio viele Pläne (v.l.): Sven Ruoss, Chief Product Officer 20 Minuten, und Programmleiter Marc Jäggi im Radiostudio. (Bilder: zVg.)
von Christian Beck

Herr Ruoss, Herr Jäggi, am 27. November 2019, also vor genau einem Jahr, wurde 20 Minuten Radio aus der Taufe gehoben (persoenlich.com berichtete). Was kann das Baby schon?
Marc Jäggi: Es kann schon alles, was ein unterhaltsames Radioprogramm können muss. Und mehr. 20-Minuten-Radiohörerinnen und -Radiohörer wissen in Echtzeit, was die Schweiz interessiert. Das gibt es sonst bei keinem anderen Sender.

Sven Ruoss: Wir haben in der 20-Minuten-App im Frühling eine eigene «Audio-Welt» mit Radio, Music-Channels, Podcasts und Hitparaden lanciert. Es gibt inzwischen fünf verschiedene Podcasts und fünf Music Channels, die von Chillout bis Hip Hop den besten Sound je nach Musikgeschmack bieten. Unser Baby hat sich in einem Jahr also schon toll entwickelt.

Das erste Sendejahr war geprägt durch die Coronakrise. Wie stark hat diese 20 Minuten Radio beeinträchtigt?
Jäggi: Wir sind ein kleines, schlagfertiges Radioteam. Da schwang und schwingt natürlich immer die Angst mit, dass jemand das Virus einfängt. Bis jetzt hatten wir Glück. Auch dank eines Sicherheitskonzepts mit Maskenpflicht und Abstand, das wir konsequent einhalten. Und dann haben wir natürlich – wie alle anderen Sender auch – die veränderten Hörgewohnheiten gespürt. Radio ist ein Pendlermedium. Gerade während des Lockdowns blieben die Menschen mehrheitlich zu Hause. Das hat man schon gespürt.

Auf der Programmseite reagierten Sie schnell: Sie lancierten im April die Kampagne «Das Radio an deiner Seite». Wie war die Resonanz?
Jäggi: Das Feedback war positiv. Es tut gerade in der Krise gut, sich nicht alleine zu fühlen. Uns war wichtig, dass die Kampagne nicht nur auf verschiedenen Vektoren stattfand, sondern auch immer in unseren Köpfen. So sind wir ans Werk gegangen.

«Wir müssen ein paar Dinge noch konsequenter umsetzen und leben»

Gefruchtet scheint es nicht wirklich zu haben. Im ersten Halbjahr 2020 verlor Ihr Sender signifikant an Hörerinnen und Hörern. Was haben Sie falsch gemacht?
Jäggi: Leider haben die aufgrund von Corona veränderten Hörgewohnheiten alle Radiosender getroffen – auch uns. Ausserdem sind wir ein völlig neues Radio, das zuerst entdeckt werden will. Und dann sind wir uns auch bewusst, dass wir ein paar Dinge noch konsequenter umsetzen und leben müssen.

Was zum Beispiel?
Jäggi: Wir müssen neben Zürich auch die anderen grossen Städte erobern. Bei der Distribution streben wir Verbesserungen an, und wir wollen die Marke an den Touchpoints – wie beispielsweise den grossen Musikfestivals – erlebbar machen. Da hat uns Corona bislang einen Strich durch die Rechnung gemacht. Sicher muss das Radio noch stärker mit den anderen publizistischen Angeboten von 20 Minuten zusammenwachsen. Dafür ist ein Krisenjahr zu kurz.

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Die Zahlen für das zweite Semester liegen erst im Januar vor. Sie sehen aber die Monatswerte. Wie sieht es aus?
Ruoss: Täglich hören über 80'000 Hörerinnen und Hörer 20 Minuten Radio. Wir sind in Zürich verankert und haben uns eine Basis geschaffen, auf der wir aufbauen können. Wie Marc Jäggi schon ausgeführt hat, wollen wir dafür auch die Herzen – respektive die Ohren – der Menschen in den anderen grösseren Städten, wo wir mit 20 Minuten präsent sind, erobern. Unser wichtigstes Ziel ist das Wachstum im gesamten Audiobereich, der neben dem klassischen Radio auch die Music Channels und die Podcasts als wichtige Standbeine umfasst. Das 20 Minuten Radio wird sehr häufig während des Pendelns in der 20-Minuten-App über Kopfhörer gehört, während man sich lesend über das Weltgeschehen informiert. Die Podcasts können auch über andere Player wie Spotify, Google Podcasts oder Apple Podcasts gehört werden. Diese Hörerinnen und Hörer werden derzeit von Mediapulse nicht gezählt.

Der Bund griff Ihnen während der Coronakrise finanziell unter die Arme: Rund eine halbe Million Franken Soforthilfe haben Sie erhalten. Geldsegen oder Tropfen auf den heissen Stein?
Ruoss: Das Jahr war für alle Medien – und selbstverständlich auch andere Branchen – schwierig, und wir waren daher froh um die Unterstützung des Bundes. Damit konnten wir den Sendebetrieb unverändert aufrechterhalten. Aber klar, eine einmalige Soforthilfe verschafft einem Sender keine Planungssicherheit über einen längeren Zeitraum hinweg.

Vor rund zwei Wochen weitete der Bundesrat das Corona-Notpaket aus. Die Radios gehen diesmal leer aus. Sind Sie enttäuscht?
Ruoss: Nein, wir sind nicht enttäuscht. Radios sind im Quervergleich mit anderen Medien bereits grosszügig unterstützt worden. Bundesgelder sind endlich, aber wir hoffen natürlich, dass das Parlament bei der Neukonzeption der Medienunterstützung auch die reichweitenstärksten Onlinemedien berücksichtigt.

«Es reicht immerhin für einen ‹gedeckten Tisch›»

Wie hat sich 20 Minuten Radio seit dem Start kommerziell entwickelt?
Jäggi: Wir haben unser Budget trotz Krise erreicht.

Ist das Radio mittlerweile also schon ein Goldesel – oder braucht es dazu noch mehr?
Ruoss: Welches Medium ist in der heutigen Zeit ein Goldesel? Um bei dem Märchenbild zu bleiben: Es reicht immerhin – trotz Krise – für einen «gedeckten Tisch» …

Aber ist es rentabler als Planet 105, aus dem 20 Minuten Radio entstand?
Jäggi: Das ist es.

Ruoss: Der Werbeumsatz hat sich im Jahr 2020 trotz Corona-Pandemie gegenüber dem Vorjahr, als der Sender noch Planet 105 hiess, mehr als verdoppelt. Das 20 Minuten Radio profitiert stark von der crossmedialen Vermarktung von 20 Minuten über Print, Digital, Video, Audio und Social Media. Hier knüpfen wir gemeinsam mit unseren Werbekunden auch in Zukunft an.

Herr Jäggi, Sie sagten vor einem Jahr kurz vor dem Sendestart in einem persoenlich.com-Interview, dass Sie Freudentränen nicht ausschliessen können. Ich hatte gar nie nachgefragt: Gab es Tränen?
Jäggi: Es ist schon berührend, wenn ein neues Radio entsteht. Vor allem eines mit einem so verschworenen, tollen Team. Was unsere Anchors Andrea, Moe, Freezy zusammen mit dem 20-Minuten-Team innert kürzester Zeit aus dem Boden gestampft haben, ist einzigartig. Für mich war es bereits das zweite Radio, das ich mit aus der Taufe heben durfte. Ein unglaubliches Privileg.

Sie sagten mir auch, dass Sie privat zwischen Radio 1 und 20 Minuten Radio switchen. Und Sie, Herr Ruoss? Ganz ehrlich: Welcher Radiosender läuft bei Ihnen zu Hause oder im Auto?
Ruoss: Zu Hause höre ich Radio über meinen Google Nest Hub Smart Speaker – und ich switche per Audiobefehl zwischen Radio 24, Energy Zürich, Radio 1 und weiteren Radiosendern umher. Selbstverständlich bleibe ich jeweils am längsten bei 20 Minuten Radio hängen.

«Wir arbeiten intensiv an neuen Sendungen»

Ohne Ihnen zu nahe treten zu wollen: In der Zielgruppe sind Sie ja nicht mehr. 20 Minuten Radio ist als Jugendsender positioniert. Erreichen Sie Ihre anvisierte Zielgruppe?
Jäggi: Ja, 20 Minuten Radio ist der musikalische Begleiter für junge urbane Listeners zwischen 16 und 35 Jahren. Da sind Sven und ich knapp drüber … Aber das Kernteam, also die Macherinnen und Macher, sind voll in der Zielgruppe. Sie haben die Ideen, sie gehen raus zu den jungen Menschen. Wir sehen uns als Sparringpartner und helfen mit unserer Erfahrung.

Zum Geburtstag gibt es jeweils Geschenke. Was spendieren Sie Ihrem Sender?
Ruoss: Die Geschenke sind noch in Arbeit, werden aber im Laufe des neuen Lebensjahres «geliefert». Wir arbeiten intensiv an neuen Sendungen. Bereits spruchreif sind zwei neue Podcasts: Ab Januar 2020 wird es mit «Zwei Punkt Null» einen Social-Media-Podcast spezifisch für die Generation Z geben. Moderiert wird der Podcast von «TikTok-Mogul» Stefan Viliotti und «Lifestyle-Queen» Gina Sergi. Zudem lanciert der neue 20-Minuten-Sport-Ressortleiter Tobias Wedermann mit «Anderi Liga» einen Fussball-Podcast.

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Corona lässt keine grossen Partys zu. Wie feiern Sie den ersten Geburtstag?
Jäggi: Wie für einen 1. Geburtstag üblich: im ganz kleinen Rahmen mit Kuchen und Rimuss aus dem Plastikbecher …

Ruoss: Grösser als den Geburtstag werden wir Weihnachten feiern. Wir möchten unseren Hörerinnen und Hörern etwas zurückgeben und haben dazu unter der Kampagne «Weihnachten ist bei uns nicht gestrichen» – zusammen mit 20 Minuten Lifestyle und unseren Werbekunden – eine interaktive und crossmediale Erlebniswelt für unsere Community geschaffen. Es gibt dabei wöchentlich tolle Preise zu gewinnen, spezielle Christmas-Playlists mit den liebsten Weihnachtssongs der Community, und ausgewählte Hörerinnen oder Leser werden von Musikgrössen überraschend angerufen.



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