von Tim Frei
Auf einer Plakatfläche von 455 Quadratmetern (13 x 35 Metern) an der Hardbrücke Zürich hängt seit dieser Woche ein Megaposter. Was dabei gleich ins Auge sticht, ist das Sujet: ein Zahnradsymbol, das sich an das «Einstellungen»- beziehungsweise «Update»-Signet des Smartphones anlehnt. An der oberen, rechten Ecke des Symbols prangt ein roter Alert-Button, auf dem nicht eine weisse Nummer wie auf dem Smartphone zu sehen ist – sondern ein weisses «Ja». Dieses steht für ein «Ja» zur Verrechnungssteuerreform, über die das Schweizer Volk am 25. September abstimmt.
Das Megaposter bildet den Startschuss der Kampagne «Ja zum Update der Verrechnungssteuer» von SwissHoldings, dem Verband der multinationalen Unternehmen in der Schweiz. Mit diesem Engagement trete SwissHoldings ausserhalb seines gewohnten Tätigkeitsfelds auf, wie es in einer Mitteilung heisst. Am Dienstag stellte der Wirtschaftsverband die Kampagne an einer Medienkonferenz in Zürich vor.
Verantwortliche Agentur der Kampagne ist Rod Kommunikation. Co-Gründer David Schärer sagte in einer kleinen Runde mit Journalistinnen und Journalisten: «Die Erfahrung hat gezeigt, dass es wirtschaftsfreundliche Vorlagen an der Urne vermehrt schwer haben.» Als Grund sieht er eine zunehmende «generelle Skepsis» gegenüber grossen Unternehmen, wie er bereits im Frühling in einem persoenlich.com-Interview betont hat.
«Hin und wieder braucht es ein Update»
Eine von SwissHoldings durchgeführte Umfrage bestätigt diese skeptische Haltung der Bevölkerung. «Der wirtschaftliche Mehrwert, den die Unternehmen leisten, wird zwar nicht bestritten», sagt Julia Besnier, Projektleiterin Öffentlichkeitsarbeit SwissHoldings: «Aber viele Leute sind skeptisch, weil sie nicht wissen, was die Unternehmen machen – insbesondere im Ausland.»
Genau in diesem Spannungsfeld setzt die Kampagne von SwissHoldings an: Nebst einem Erfolg an der Urne will der Verband laut eigenen Angaben dazu beitragen, «wirtschaftsfreundliche Vorlagen insgesamt in der Schweiz wieder mehrheitsfähig zu machen». Dabei setzt der Verband gemäss Besnier auf diese Botschaft: «Ein erfolgreicher Wirtschaftsstandort ist kein statisches Gebilde, sondern muss immer wieder an neue, sich stetig verändernde Rahmenbedingungen angepasst werden. Wir können uns das vorstellen wie bei unserem Smartphone oder PC. Hin und wieder braucht es ein Update, sonst funktioniert das System irgendwann nicht mehr.»
Der Hintergrund: Die Verrechnungssteuer würde Schweizer Unternehmen derzeit daran hindern, Fremdkapital in der Schweiz aufzunehmen. «Denn sie macht es für Investoren unattraktiv, in der Schweiz zu investieren», wie es in der Mitteilung von SwissHoldings heisst. «Folglich braucht es ein Update», sagt Besnier. Dieses würde zu Steuereinnahmen führen – der Bund geht laut Mitteilung des Verbands davon aus, «dass mit dem Update der Verrechnungssteuer innerhalb von zehn Jahren Mehreinnahmen von 490 Millionen Franken jährlich erreicht» würden.
«Klassische Argumente reichen oft nicht mehr aus»
Dass Rod Kommunikation bei der SwissHoldings-Kampagne auf das Wording «Update» mit entsprechendem Sujet setzt, hat mit der erwähnten Skepsis gegenüber Unternehmen zu tun: «Die klassischen Argumente – Gefährdung von Arbeitsplätzen in der Schweiz oder gar Dislozierung des Standorts ins Ausland – reichen für ein positives Resultat an der Urne oft nicht mehr aus», sagt David Schärer und ergänzt: «Deshalb braucht es eine neue, andere Form der Ansprache. Wir haben uns daher gemeinsam mit SwissHoldings für eine unaufgeregte, positive Tonalität entschieden.»
Gleichzeitig würden sie sich erhoffen, dass die Stimmbevölkerung mit dem ausdruckstarken Sujet von der «Dringlichkeit der Reform» überzeugt werde: «Wenn ein roter Button auf einer Smartphone-App aufploppt, erregt das unsere Aufmerksamkeit. Damit soll trotz unaufgeregter Tonalität die Aufmerksamkeit der Bevölkerung auf die Kampagne gelenkt werden», so Schärer weiter. Die Kampagnenmacher erhoffen sich, mit dieser Art der Ansprache die bürgerliche Mitte zu erreichen. «Umfragen haben gezeigt, dass diese Zielgruppe die Abstimmung mitentscheiden wird», so Schärer weiter.
Auch mit dem Megaposter beschreite man bei der Kampagne neue Wege für eine «wirtschaftsfreundliche» Vorlage: «Es zählt zu den grössten Plakatflächen der Schweiz», sagt Schärer und ergänzt: «Nach unseren Informationen wurde darauf noch nie Werbung für eine politische Vorlage gemacht.» Nebst dieser Werbefläche setzt die seit 16. August laufende Kampagne auf Social Media.