13.09.2022

Medienqualitätsrating 2022

«Es gelingt uns, mit knapperen Mitteln gut umzugehen»

Vor drei Monaten hat Matthias Kündig die Redaktionsleitung vom «Echo der Zeit» übernommen – am Dienstag konnte er in Zürich das Goldene Q entgegennehmen. Im Interview sagt er, wo seine Redaktion den Sparkurs spürt und wie er die Sendung weiterentwickeln will.
Medienqualitätsrating 2022: «Es gelingt uns, mit knapperen Mitteln gut umzugehen»
«Ich werde die behutsame Weiterentwicklung weiterführen»: Matthias Kündig ist seit drei Monaten Redaktionsleiter vom «Echo der Zeit». (Bild: SRF/Severin Nowacki)
von Michèle Widmer

Herr Kündig, Sie haben gerade erst Mitte Juni die Redaktionsleitung vom «Echo der Zeit» übernommen. Wie haben Sie sich zurück in der Schweiz und in der neuen Chefposition eingelebt?
Nach drei Monaten fühle ich mich bereits wieder zu Hause – nicht nur in der Schweiz, sondern auch in meiner neuen Aufgabe als Redaktionsleiter. Das hat vor allem auch mit dem Echo-Team zu tun, das mich mit offenen Armen empfangen hat und mich täglich beeindruckt durch sein Engagement und seine Professionalität.

Nun dürfen Sie bereits im Namen der Redaktion eine Auszeichnung in Empfang nehmen. Was haben Sie selbst zum Erfolg der Sendung beim Medienqualitätsrating beigetragen?
Da die Daten für das Medienqualitätsrating 2022 schon vor meiner Rückkehr in die Schweiz erhoben wurden, beschränkt sich mein Beitrag zur Sendung auf meine Berichterstattung als USA-Korrespondent. Aber der Erfolg der Sendung basiert ohnehin nicht auf einzelnen Personen, sondern auf dem Kollektiv. Dazu gehört nicht nur die neunköpfige Echo-Redaktion, sondern die gesamte Informationsabteilung von Radio SRF. Ohne die Nachrichtenredaktion, die das pulsierende Herz der Abteilung darstellt, aber auch ohne das Fachwissen und die Erfahrung aus den Fachredaktionen und von den Korrespondentinnen und Korrespondenten, die aus den Schweizer Regionen und dem Ausland berichten, gäbe es kein «Echo der Zeit».

«Wir suchen zudem mit Podiumsgesprächen an Gymnasien, Berufsschulen und Hochschulen immer wieder bewusst die Nähe zum jüngeren Publikum»

Abgesehen von Bestätigung und Ansehen: Was bringt Ihrer Redaktion dieser Platz 1 auf der Bestenliste der Schweizer Medien?
Der Spitzenplatz ist zum einen ein grosser Ansporn, weiterhin täglich grosse Anstrengungen zu unternehmen, qualitativ hochstehende Sendungen zu produzieren. Zum anderen ist die Auszeichnung eine willkommene Erinnerung daran, dass die knapper werdenden Mittel von SRF in den Hintergrundsendungen «Echo der Zeit» und «Rendez-vous» gut eingesetzt sind.

Ihre Stammhörerschaft schätzt Ihre Sendung sehr. Das junge Zielpublikum allerdings kennt das «Echo der Zeit» nicht. Was tun Sie, um diese zum Qualitätsjournalismus zu bringen?
Das «Echo der Zeit» hat eine vergleichsweise hohe Anzahl junger Zuhörerinnen und Zuhörer im Vergleich zu anderen Informationssendungen bei den elektronischen Medien. Dies sehen wir beispielsweise bei den Podcast-Downloads. Das bedeutet aber nicht, dass wir uns nicht intensiv Gedanken darüber machen, wie wir beispielsweise den veränderten Nutzungsgewohnheiten der jüngeren Generationen besser entsprechen können. Wir suchen zudem mit Podiumsgesprächen an Gymnasien, Berufsschulen und Hochschulen immer wieder bewusst die Nähe zum jüngeren Publikum. Anfang Dezember werden wir wieder einen öffentlichen Anlass durchführen. An solchen Veranstaltungen erfahren wir immer wieder Zuspruch. Wir machen eine tägliche Sendung und einen Podcast für die zeitunabhängige Nutzung für Menschen, die Kontext wollen und Einordnung. Dieses Bedürfnis besteht nicht nur bei älteren Menschen, wie die Nutzungsdaten zeigen.

Was macht für Sie in der Schweiz überhaupt Qualitätsjournalismus aus?
Die Basis bildet eine Redaktionskultur, die von Sorgfalt, Genauigkeit und (selbst)kritischem Denken, aber auch von Neugier und Hartnäckigkeit geprägt ist. Die publizistischen Leitlinien bei SRF sind nicht nur schöne Worte auf Papier, sondern werden bei uns im Alltag gelebt. Wenn wir Fehler machen, lernen wir daraus. Bei der Themenauswahl müssen klassische Relevanzkriterien im Vordergrund stehen. Zudem schauen wir auch dann genau hin, nachdem das Erregungsniveau bei einem Thema wieder gesunken ist. Und schliesslich müssen Fakten und Meinungen in der Berichterstattung getrennt sein.

Was macht das Echo-Team besser als andere Redaktionen?
Das müssen Sie primär die Autorinnen des Qualitätsrankings fragen. Ich werde die detaillierten Befunde des MQR 2022 noch genau studieren müssen.

«Der Anteil von Gesprächen, die von der Redaktion selber produziert werden, ist in den letzten Jahren stetig gestiegen, ohne dass die Qualität der Sendung gelitten hat.»

Wie sieht eine Sendekritik beim «Echo der Zeit» aus? Wie ist sie gestaltet?
Diese findet auf mehreren Ebenen statt. Zum einen besprechen wir jeden Morgen im Team die Sendung des Vortags: Haben wir die richtigen Themen ausgewählt? War es der richtige Aufbau und waren die gewählten journalistischen Formen adäquat? Zudem analysieren wir einzelne Beiträge und Gespräche und ziehen Lehren daraus für unsere künftige Arbeit. Dafür ziehen wir von Zeit zu Zeit auch Kolleginnen von ausserhalb der Redaktion bei und selbst von ausserhalb des Journalismus.

Auch bei Radio SRF wird gespart. Wo droht Ihrer Meinung nach die Qualität vom «Echo der Zeit» zu leiden?
Ich denke nicht, dass die Qualität des «Echo der Zeit» bisher wegen Sparmassnahmen gelitten hat. Das zeigt auch die aktuelle Bewertung des MQR 2022. Spürbar sind die Sparmassnahmen insofern, als dass die Kolleginnen und Kollegen in den Fachredaktionen und auf den Korrespondentenposten heute nicht nur lineare Radiosendungen und neue Audioformate bedienen, sondern auch digitale Kanäle. Es gelingt uns aber immer wieder, mit diesen knapperen Mitteln gut umzugehen. Der Anteil von Gesprächen, die von der Redaktion selber produziert werden, ist in den letzten Jahren stetig gestiegen, ohne dass die Qualität der Sendung gelitten hat.

Herausfordernd dürfte die neue örtliche Trennung von Aktualität (Zürich) und Hintergrund (Bern) sein. Welche Schwierigkeiten und vielleicht auch Chancen sehen Sie da?
Die Pandemie hat gezeigt, dass Teamarbeit mit den heutigen Kommunikationsmitteln auch funktioniert, wenn man nicht im selben Raum oder Gebäude arbeitet. Was mit der örtlichen Trennung wegfällt, sind aber die spontanen, informellen Kontakte über die Redaktionsgrenzen hinweg.

Wie werden die Hörerinnen und Hörer in den kommenden Monaten merken, dass Sie die Redaktionsleitung übernommen haben? Haben Sie Veränderungen geplant?
Am kommenden Samstag feiert das «Echo der Zeit» den 77. Geburtstag. Trotz des hohen Alters ist die Sendung nicht altbacken, sondern zeitlos. In den Jahren seit der ersten Sendung am 17. September 1945 hat das «Echo der Zeit» nie abrupte Wechsel vollzogen, sondern hat sich kontinuierlich weiterentwickelt. Diese Tradition der behutsamen Weiterentwicklung werde ich weiterführen. Das gilt sowohl für die Sendung, den Podcast, wie auch für den wöchentlichen Newsletter für alle, die keine Zeit haben, uns täglich zu hören. Die Stärken des «Echo der Zeit», wie Gewichtung, Einordnung und Reflexion, sind in der heutigen Medienlandschaft wichtiger denn je.

Matthias Kündig hat die Fragen schriftlich beantwortet.



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