23.03.2021

Roger gegen Markus

Kritik an Projer-Berichterstattung

Roger Schawinski und Markus Somm kritisieren in ihrer Radio-1-Talkshow «üblen Fertigmacherjournalismus».
Roger gegen Markus: Kritik an Projer-Berichterstattung
Markus Somm (links) und Roger Schawinski bei einer Sendung 2019 (Bild: Screenshot Radio 1)

Der Wechsel von Jonas Projer zur NZZ am Sonntag (persoenlich.com berichteteist immer noch ein grosses Medienthema. In der Sendung «Roger gegen Markus» von Radio 1 diskutierten Medienpionier Roger Schawinski und Nebelspalter-Verleger Markus Somm über den spektakulären Personalentscheid.

Schawinski kritisierte dabei den «üblen Fertigmacherjournalismus» gegenüber Jonas Projer, den er noch nie gegen jemanden erlebt habe, der sein Amt noch nicht angetreten habe. Im Visier hatte er vor allem Weltwoche-Medienkritiker Kurt W. Zimmermann, der dem neuen NZZaS-Chefredaktor in der letzten Ausgabe des Wochenblatts aufgrund anonymer Quellen vorwarf, sich in einer «charakterlichen Sackgasse» befunden zu haben, da er der «schlechteste Teamplayer» gewesen sei, den Ringier je hatte. Zudem habe er sich, so Zimmermann, nach seinem zweijährigen Engagement bei Blick TV gegenüber seinem Arbeitgeber illoyal verhalten.

Fast schon Staatsbeleidigung

Auch im Fokus von Schawinski und Somm stand der Artikel von Michèle Binswanger, der am vergangenen Freitag in den Tamedia-Blättern publiziert wurde und eine ähnliche Tonalität aufwies (persoenlich.com berichtete). Schawinski wandte ein, dass er Projer bei seiner Tätigkeit im Schweizer Fernsehen als loyalen, interessierten und aufgeschlossenen Journalisten erlebt habe. Zudem stosse jedes neue Medium – in diesem Fall Blick TV – bei den alten Redaktionen auf Kritik und Missbehagen, was er bereits in den Anfängen von TeleZüri 1994 erlebt habe, als er mit seinem neuen Projekt bei der damaligen Radio-24-Crew auf grossen Widerstand stiess. Ähnlich sei die Situation auch nach der Gründung der SonntagsZeitung gewesen, als die Tagesanzeiger-Belegschaft opponierte. Nur so könne er sich die ablehnende Haltung vieler Ringier-Mitarbeitenden gegenüber Jonas Projer, der das Gesicht von Blick TV sei, erklären. Zudem komme es manchmal fast schon einer Staatsbeleidigung gleich, wenn ein führender Mitarbeiter selber kündige.

Erinnerungen an Start in Basel

Für einmal in die gleiche Kerbe schlug Markus Somm, der mit Projer und dessen Familie gut bekannt ist und diesen als hervorragenden Fernsehprofi und Digitalexperten lobte. Ob er ihm aber zu diesem beruflichen Wechsel geraten hätte, könne er nicht sagen, so Somm, da es Fernsehjournalisten in Verlagshäusern oftmals nicht einfach hätten. «Printjournalisten sind sehr eitel und narzisstisch», begründete Somm im Radio-Talk. Wenn ein Chef nicht durch schreiberische Qualitäten überzeuge, habe er einen schwierigen Stand, zumal Projer mit seiner bürgerlichen Haltung nicht auf der politischen Linie vieler seiner Kolleginnen und Kollegen liege. Zudem erinnere ihn die ganze Geschichte an seinen Start als Chefredaktor bei der Basler Zeitung vor elf Jahren, als er sich auch ständig mit anonymen Anschuldigungen auseinandersetzen musste.

Keine Erwähnung von positiver Projer-Bewertung

Schawinski bemängelte unter anderem weiter, dass seine «positive» Projer-Bewertung, die er gegenüber Michèle Binswanger in einem längeren Gespräch abgegeben habe, in ihrem Text keine Erwähnung gefunden habe. Aufgrund des Artikels entstehe der Eindruck, dass sich alle Befragten negativ über den neuen NZZaS-Chefredaktor geäussert hätten, so der Radio-1-Chef. Auf diesen Vorwurf angesprochen meinte Michèle Binswanger gegenüber persoenlich.com: «Der Text drehte sich um den Brief der NZZ-Belegschaft sowie die Frage nach der Absicht der NZZ mit der Ernennung Projers. Ich habe für diese Recherche mit mehr als 15 Leuten ein Hintergrundgespräch gemacht, unter anderem mit Roger Schawinski. Dabei ging es aber um die Strategie NZZ und nicht die Person Projer.» Somm rät Projer, mit der NZZ-Spitze das Gespräch zu suchen, um sofort – und nicht erst im Herbst – beim neuen Arbeitgeber zu starten. Ansonsten «gäre» es in der Redaktion zu fest. (ma)



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