07.01.2019

Spiegel-Betrugsfall

Unechter Claas Relotius meldet sich zu Wort

Ein Fälscher – ausgerüstet mit einem Relotius-Journalistenausweis – hat verschiedenen Medien Telefoninterviews angeboten. Wer hinter dem Täuschungsmanöver steckt, ist unklar.
Spiegel-Betrugsfall: Unechter Claas Relotius meldet sich zu Wort
Der «echte» Claas Relotius beabsichtige derzeit keinerlei öffentliche Auftritte oder Interviews zu erteilen, teilte sein Anwalt mit. (Bild: Keystone/DPA/Ursula Dueren)

Im Dezember sind die Machenschaften des ehemaligen «Spiegel»-Reporters Claas Relotius aufgeflogen: Der Star-Journalist gab zu, etliche Reportagen erfunden oder mit Unwahrheiten angereichert zu haben (persoenlich.com berichtete). Vergangene Woche liess Relotius durch seinen Anwalt ausrichten, dass er die Vorfälle «zutiefst» bedauere.

Vermeintlicher Relotius gesprächsbereit

Nun hat sich ein unbekannter Mann als Relotius ausgegeben und den Medien per Telefon und E-Mail Interviews angeboten, wie der Norddeutsche Rundfunk (NDR) und Radioeins in einer gemeinsamen Mitteilung schreiben. Der Betrüger hatte sich im Namen von Claas Relotius eine E-Mail-Adresse angelegt. Er kontaktierte dann die Redaktionen unter dem Vorwand, auf eine Interviewanfrage zu reagieren, die auf seiner «Spiegel»-Adresse eingegangen sei.

Er könne sich vorstellen, «zu allen Vorwürfen Stellung zu nehmen und über meine Arbeit beim ‹Spiegel› wie auch über meine Zukunft zu sprechen», wird der angebliche Relotius in der Mitteilung zitiert.

Anwalt von Relotius dementiert

Eine Interview-Angebot erhielten auch der RBB-Sender Radioeins sowie das NDR-Magazin «Zapp». Die beiden Redaktionen misstrauten der Quelle – zu Recht. Der Anwalt des echten Relotius bestätigte gegenüber «Zapp»: «Es handelt sich offenbar um einen Dritten, der – aus welchen Gründen auch immer – unter der vorgeblichen Identität unseres Mandanten Interviews anbietet. Unser Mandant beabsichtigt derzeit keinerlei öffentliche Auftritte oder Interviews zu erteilen.» Als der Radioeins-Moderator den angeblichen Relotius anhand einer Stimmprobe als Betrüger entlarvt habe, hätte dieser aufgelegt.

Offenbar handelte es sich beim betrügerischen Interview-Angebot um keinen Einzelfall. Die Anwaltskanzlei von Relotius gab gegenüber «Zapp» an, auch von anderen Medien in der gleichen Sache kontaktiert worden zu sein. Zudem bestätigte die stellvertretende «Spiegel»-Chefredakteurin Susanne Beyer, dass sich ein Unbekannter als Relotius ausgebe: «Wir haben auch Fotos von ihm, da trägt er eine Mütze. Und er hält einen Journalistenausweis in die Kamera und da steht Claas Relotius drauf – wie auch immer er darangekommen ist oder ob er ihn gefälscht hat», wird sie von NDR zitiert.

Wer hinter dem vermeintlichen Relotius steckt und ob es sich gar um eine Satire-Aktion handelt, ist derzeit noch unklar. (as)



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