23.08.2019

Mediensprecherin des Jahres

«Ich möchte allen auf Augenhöhe begegnen»

Bereits zum fünften Mal ist Sonja Zöchling Stucki «Sprecherin des Jahres». Wie hat die Medienkrise ihre Arbeit verändert? Wird die gute alte Medienmitteilung verschwinden? Die 63-Jährige spricht über ihr Erfolgsgeheimnis und «Angst» vor Journalisten.
Mediensprecherin des Jahres: «Ich möchte allen auf Augenhöhe begegnen»
Nach 35 Jahren beim Flughafen geht Kommunikationschefin Sonja Zöchling Stucki im März 2020 in Pension. (Bild: zVg.)
von Edith Hollenstein

Frau Zöchling, Sie sind erneut «Mediensprecherin des Jahres» (persoenlich.com berichtete). Inwiefern ist die Freude jetzt beim fünften Mal gleich gross wie am Anfang?
Ich habe mich schon die letzten vier Mal riesig gefreut und war immer sehr stolz auf den Titel. Die Freude beim fünften Mal ist ungebrochen gross, und es macht mich besonders stolz, auch auf mein Team, dass ich in meinem letzten vollen Arbeitsjahr den Titel nochmals bekommen habe.

Die Unternehmenssprecher-Wahl wird von Journalisten vorgenommen. Müssten stattdessen nicht eher die Unternehmen, in Ihrem Fall der Flughafen-CEO und der Verwaltungsrat, beurteilen, wer ein guter Pressesprecher ist?
Nein. Unser CEO und auch der Verwaltungsrat kennen meine Arbeitsweise gut. Gerade mit der Geschäftsleitung, allen voran mit dem CEO, pflegen wir einen engen Kontakt. Unsere «Kunden», wenn ich das so ausdrücken darf, sind aber die Journalistinnen und Journalisten. Diese versuchen, die oft sehr komplizierten Flughafenthemen so aufzubereiten, dass sie von der Öffentlichkeit verstanden werden. Nicht immer eine leichte Aufgabe, muss ich zugeben.

Durch die Medienkrise werden Kommunikationsabteilungen grösser, während Journalisten immer weniger werden und die verbliebenen weniger Zeit haben für ihre Recherchen. Inwiefern beobachten auch Sie diese Entwicklung?
Dass manchmal etwas wenig Zeit für Recherche auf Seiten der Journalistinnen und Journalisten bleibt, macht die Arbeit in den Kommunikationsabteilungen sicher anspruchsvoller. Umso wichtiger ist es, transparente und klare Botschaften zu vermitteln.

«Die Faszination fürs Fliegen wird trotz Klimadiskussionen ungebrochen bleiben»

Wie verändert diese Entwicklung die Arbeit der Unternehmenssprecher?
Es ist sicher anspruchsvoll, gerade auch im Hinblick auf die schnelle Online-Berichterstattung, stets den Überblick zu behalten. Oft kann man als Kommunikationsverantwortliche nur noch reagieren, und versuchen, mit einem Telefon oder einem klärenden Mail Falschmeldungen entsprechend zu korrigieren.

Wie viele Journalisten gibt es, die fundierte Kenntnisse haben im Bereich Flugverkehr, Flughafen und so weiter?
Es gibt in verschiedenen Medien Journalisten, die sich mit den Themen Flughafen und Luftverkehr auseinandersetzen. Wir bieten auch gezielt Hintergrund-Informationsrunden mit Mitgliedern unserer Geschäftsleitung an, um das Aviatik-Wissen der Journalistinnen und Journalisten weiter zu stärken.

Bis vor kurzem war das Image des Fliegens, der Luftfahrt und damit auch des Flughafens sehr positiv. Glauben Sie, dass die derzeitige Klimadiskussion dies mittel- oder längerfristig verändern könnte?
Ich persönlich denke, dass die Faszination fürs Fliegen trotz Klimadiskussionen ungebrochen bestehen bleibt. Es ist doch ehrlicherweise mega faszinierend, einem Riesenflugzeug wie dem Airbus A380 zuzuschauen, wie er sich in die Lüfte hebt. Und dass man dank Luftverkehr einen Blick in die grosse weite Welt werfen kann, ist doch toll. Die globale Vernetzung, nicht nur von Wirtschaft, Forschung und Bildung, sondern auch auf privater Basis mit auf der ganzen Welt verstreuten Verwandten, ist nicht mehr aufzuhalten.

«Es gibt Journalisten, die kenne ich schon seit fast zwanzig Jahren»

Kommen wir nochmals zu Ihrem Kommunikationsalltag: Stimmt es, dass die klassische Medienmitteilung immer weniger eingesetzt wird?
Wir nutzen zwar noch oft die klassische Medienmitteilung zum Verbreiten relevanter Informationen. Daneben nutzen wir aber auch unsere sozialen Medien wie Twitter, Instagram oder Facebook zum Verbreiten von Nachrichten. Vor allem im Hinblick auf die Sommerferien haben wir via diese Kanäle selber produzierte Filme zum richtigen Verhalten an der Sicherheitskontrolle verbreitet. Das ist sehr gut angekommen.

Mit welchem Medium respektive Journalist hatten Sie in Ihrer Karriere am meisten zu tun?
Das kann ich so nicht quantifizieren. Sicher sind die Journalisten der grossen Tageszeitungen, aber auch der zahlreichen Radio- oder Fernsehsender regelmässig für Informationen an uns herangetreten. Es gibt Journalisten, die kenne ich schon seit fast zwanzig Jahren. Darunter sind einige der Vereinigung Schweizer Aviatik-Journalisten.

Momentan gibt grad eine Befragung zu den meist gefürchteten Redaktionen zu reden. Vor wem hatten Sie am meisten Angst?
Angst hatte ich sicher noch vor keinem Journalisten und vor keiner Journalistin. Wieso auch? Angst ist ein schlechter Ratgeber für eine gute Zusammenarbeit. Und als Kommunikationsverantwortliche muss man sich auch kritischen Fragen stellen können. Im Kontakt mit Journalisten geht es ja stets um Informationsvermittlung. Da sehe ich keine Gründe für Angst. Ich bemühe mich stets, allen – egal für welche Redaktion sie arbeiten – auf Augenhöhe zu begegnen und die gewünschten Auskünfte zusammenzutragen. Sicher ist es schon vorgekommen, dass wir auf eine konkrete Frage noch keine konkrete Antwort geben konnten, aber dafür gab es stets gute Gründe.

Sie werden im Frühling pensioniert. Inwiefern ist Ihre Nachfolge bereits geregelt?
Meine Nachfolge ist bereits geregelt, mit Arbeitsbeginn am 1. Februar 2020. Wir werden Anfang Jahr kommunizieren, wer neu für die Unternehmenskommunikation der Flughafen Zürich AG verantwortlich ist.

Was für einen Tipp geben Sie Ihrer Nachfolge, um den Job genauso erfolgreich ausführen zu können, wie Sie?
Wir werden genug Zeit für eine gute Einarbeitung haben. Freude am Flughafen, an Menschen und an der Vielseitigkeit am Schweizer Tor zur Welt sind sicher gute Grundlagen, den spannenden und auch abwechslungsreichen Job gut zu bewältigen. Und vor dem Flughafenvirus muss man sich nicht fürchten. Im Gegenteil. Sobald man von ihm befallen ist, klappt das schon.

Was machen Sie in Ihrer Pension, was für Pläne haben Sie für diese Zeit?
Ich habe noch so viele Pläne für die Zeit nach dem Flughafen. Die alle aufzuzählen, würden diesen Rahmen definitiv sprengen. :-) Es wird wohl auch die eine oder andere Tätigkeit am Flughafen dabei sein.

 

*Sonja Zöchling Stucki hat die Fragen schriftlich beantwortet.

 



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