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Es geht nicht nur um Geld

Pierre Rothschild

6,3 Milliarden – das will Sunrise für UPC bezahlen. Noch selten wurde für einen Deal so hart gekämpft, wie für den Kauf von UPC. Es begann eigentlich alles ganz harmonisch. Noch Mitte April meint VR-Präsident Peter Kurer in einem NZZ-Interview, was man macht, wenn der Deal nicht durchkommt: «Dann sagen wir: ‹Verstanden. Die Aktionäre sehen das anders als wir.› Und machen so weiter, wie die Eigentümer das wollen. Wir sind ja nur die Treuhänder der Aktionäre. Und nicht Leute, die einfach machen, was sie wollen.»

Von dieser ruhigen Haltung ist seit Wochen nichts mehr zu spüren. Da wird aus allen Rohren gefeuert und Hauptaktionär Freenet, immerhin mit 24,5 Prozent an Sunrise beteiligt, wird beleidigt und bekämpft. Freenet – eine Telco-Firma mit mehr als 4000 Mitarbeitern und einem Umsatz von mehr als drei Milliarden Euro. Und man darf annehmen, dass Freenet-Chef Christoph Vilanek von der Branche mehr versteht als der Allround-VR Peter Kurer. Man spricht über Technologie: viele glauben, das alte Maulwurf-Netz der UPC würde durch drahtlose Technologien wie G5 ersetzt.

Man spricht vom Geld: Viele halten den Preis für viel zu hoch, mit sechs Milliarden will man immerhin in der Schweiz die Luftwaffe erneuern. Vom Einfluss auf die Medienlandschaft spricht man nie. Heute, wo man TV nicht mehr mit der Antenne empfängt, haben die Netze eine Medienmacht. Der Schweizer Jugendsender Joiz hatte zu kämpfen, weil man vor Jahren bei UPC – als die analoge Aufschaltung noch wesentlich war – den Schweizer Kanal in das digitale Netz verbannte. Und bis heute läuft der gut gemachte Musiksender «Musig24» auf Swisscom TV, aber UPC hat für dieses einheimische Programm kein offenes Ohr, sehr wohl aber für Teleshopping ohne Ende. Je mehr Geld die Telcos haben, je grösser sie sind, desto mehr kaufen sie Sportrechte, die den öffentlich-rechtlichen Sendern, die ja auch nicht gratis sind, fehlen. Schweizer Fussball wird bei Swisscom gespielt, bei UPC Eishockey.

Medienpolitisch ist diese Fusion nicht begrüssenswert, über das spricht niemand. Die grossen Telcos entscheiden, was auf unsere Bildschirme kommt. Was kann man am kommenden Mittwoch erwarten? Die Nein-Sager kommen immer zahlreicher an eine Generalversammlung, als die Befürworter. So gesehen ist ein Sonnenuntergang möglich. 200 Aktionärsgruppen trafen die Sunrise-Manager, zum Schluss musste noch die Verkäuferin Liberty Global mit 500 Millionen Dollar beim Deal dabei sein.

Dem Sunrise-Management muss starker Gegenwind entgegenwehen. So könnte Sunrise das bleiben, was sie ist: eine Firma, die bis jetzt alles richtig gemacht hat. Bis auf den Plan, für mehr als sechs Milliarden ein hohes Risiko einzugehen. Und VR-Präsident Kurer soll bei seinen Worten bleiben: «Wir sind ja nur die Treuhänder der Aktionäre. Und nicht Leute, die einfach machen, was sie wollen.»


Pierre Rothschild ist freier Medienunternehmer in Zürich in den Bereichen Filmproduktion und Presse.

Unsere Kolumnisten vertreten ihre eigene Meinung. Sie deckt sich nicht in jedem Fall mit derjenigen der Redaktion.

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