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Leistung allein bringt es nicht

Pam Hügli

Neben den fantastischen Spitzenleistungen hat Weltklasse Zürich erneut gezeigt, wie trotz der Höchstleistungen der Leichtathletinnen und Leichtathleten nur wenige vom faktischen Einkommen leben können. Bei Roger Federer sieht es anders aus, der mit lukrativen Werbeaufträgen seit Jahren eingedeckt wird, die sein bisheriges Preisgeld um ein Mehrfaches überschreiten.

Warum und wie wird eine Sportlerin oder ein Sportler eigentlich zu einer eigenen Marke, die für das Marketing von Firmen als Brand Ambassador interessant wird?

Jeder Mensch zeichnet sich durch spezifische Merkmale aus und ist für sich selber eine kleine Marke. Sportlerinnen und Sportler verfügen über beliebte Merkmale, wie ausdauernd, stark, diszipliniert, aber auch emotional, die vorbildhaft wirken. Verbunden mit Bekanntheit durch Erfolge an grossen Veranstaltungen werden so aus Sportlerinnen und Sportlern grundsätzlich sehr attraktive Brand Ambassadors für Unternehmen und Produkte.

Wie sieht das Geschlechterverhältnis bei Brand Ambassadors aus?

Repräsentative Antworten hierzu liegen nicht vor, aber ich rechne mit einem Verhältnis von 1:1. Es gibt mittlerweile viele attraktive Sportlerinnen, die als Influencer wirken. Klar, dass sie in einer Unterzahl sind, wenn es um typische Männersportarten geht wie zum Bespiel Fussball. Hier erreichen sie die nötige Bekanntheit nicht, weil grosse, vielbeachtete Turniere mit Möglichkeiten der öffentlichen Selbstdarstellung fehlen.

Gibt es benennbare Sportarten, die für das Marketing besonders interessant sind, und warum ist das so?

Das hängt stark vom marketing-treibenden Unternehmen ab. Ein Brand Ambassador soll ja grundsätzlich zum Unternehmen oder dem Produkt passen oder eine erwünschte Eigenschaft verstärken. Zu einem Sachbuchverlag passt zum Beispiel ein Schachspieler besser; zu einer teuren Uhrenmarke passen Seglerinnen oder Polo. Eine grosse Retailbank kann mit Breitensport wie Eishockey in Verbindung gebracht werden. Zu nennen ist auch Lidl, der sich im Schwingsport engagiert und damit eine Portion Regionalität und Schweiz kauft. Es gibt nicht die interessante Sportart, sondern die passenden Eigenschaften sind ausschlaggebend.

Welche Faktoren sind relevant, damit eine Sportlerin oder ein Sportler zum lukrativen Brand Ambassador wird?

1. Sportliche Leistungen, welche Sportarten?
Leistungen sind sicher sehr wichtig; niemand will sich mit Sportlerinnen und Sportlern auf den letzten Plätzen identifizieren.

2. Persönlichkeitsmerkmale (Habitus, Sprache, Verhalten, Charakter)?
Verhalten und Charakter sind sehr wichtig. Fehlverhalten wie Doping oder Drogenmissbrauch können den Markenwert des Brand Ambassadors sofort vernichten (z.B. Martina Hingis mit Kokain-Skandal). Eigener Charakter (bunte Haare, wilde Outfits, starke Emotionen u.a.) kann je nach Eigenschaft der Marke ein Vorteil sein. (z.B. Fussballer wie Neymar Junior erhalten damit zusätzliche Beachtung und Tränen von Roger Federer sind Gold wert).

3. Geschlecht (optische Anmutung)
Sportlerinnen und Sportler sind ja meistens sehr attraktive Menschen durch ihren trainierten Körper. Es ist der Körper, der seine Arbeit leistet und Erfolg bringt, der bejubelt wird. Dass Frauen, welche sehr weiblich aussehen, oder Männer, welche sehr männlich aussehen, beliebter sind als Brand Ambassadors, würde ich nicht behaupten. Fussballer sind oft sehr bunt unterwegs, David Beckham hat den Begriff metrosexuell massgeblich geprägt. Die beiden Williams-Sisters sind sehr muskulös und die besten Aushängeschilder für das Frauentennis. Es sind der Erfolg und ein eigenständiger Charakter, welcher Sportlerinnen und Sportler zu begehrten Brand Ambassadors macht.

4. Faktor Zufall
Ein Brand Ambassador muss immer Bekanntheit mitbringen, davon profitiert ja schlussendlich das Unternehmen und das Produkt. Je nach Zielmarkt soll der Brand Ambassador über eine lokale, nationale oder sogar globale Bekanntheit verfügen. Mediale Präsenz aufbauen und halten können, ist enorm wichtig. Ein bisschen Talent und Freude daran, muss die Sportlerin oder der Sportler natürlich mitbringen. Wer es nicht schafft, Sympathie und Präsenz in der Öffentlichkeit zu wecken, wird auch auf den ersten Rängen nie ein gefragter Brand Ambassador.


Pam Hügli ist eidg. dipl. Kommunikationsleiterin und verfügt über einen Master of Advanced Studies in Marketing Management und Betriebswirtschaft der Universität Basel. Sie ist Dozentin und Studiengangsleiterin CAS Brand Leadership HWZ und in den Vorständen von Leading Swiss Agencies (LSA) und dem Dachverband Kommunikation Schweiz.

Unsere Kolumnistinnen und Kolumnisten vertreten ihre eigene Meinung. Sie deckt sich nicht in jedem Fall mit derjenigen der Redaktion.

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