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Wir wollen keine miesen Quoten. Wir leben von Subventionen!

Roger Schawinski

Bei den Mediendaten gibt es üblicherweise drei Gruppen, deren Interessen sich klar unterscheiden. Da sind einmal die Medienagenturen, für die diese Werte blosses Arbeitsmaterial sind, mit denen sie ihren Auftraggebern ihre Entscheide begründen können. Diesen Firmen ist es schlicht egal, ob die Werte die Realität optimal abbilden, ihnen geht es nur darum, eine einzige Währung zu haben, die von allen Beteiligten akzeptiert ist. Dann gibt es zweitens die Firmen, welche Daten erheben lassen und die in einer perfekten Welt allein der Wissenschaftlichkeit verpflichtet wären. Doch die Schweizer Realität sieht völlig anders aus. So wird etwa die Wemf, welche die Printdaten erhebt, weitgehend von Verlagen kontrolliert, die an Erhebungsmethoden interessiert sind, die möglichst weiche und damit hohe Werte liefern. Nicht viel anders ist die Situation bei TV und Radio. Im Normalfall werden diese Konstellationen von den Beteiligten klaglos geschluckt, sogar wenn ein technisch völlig veraltetes System wie bei den Radiouhren weiterhin verwendet wird. Nun aber ist die Lage beim erstmaligen Übergang von einem TV-Konzept zu einem neuen explodiert. Denn die dritten Stakeholder, die Medienanbieter, wollen vor allem eines: möglichst hohe Werte. Für sie sind die Mediendaten nämlich dringend benötigte Marketinginstrumente. Und deshalb rebellieren nun die Loser Doch in diesem Fall gibt es noch einen vierten Player. Es sind die kleinen regionalen TV-Stationen, die sich offiziell von Mediapulse verabschiedet haben, weil sie mit den erhobenen Daten ganz und gar unzufrieden sind. Damit beweisen sie eindrücklich: Diese vom Staat künstlich kreierten und mit Millionen alimentierten Gebilde sind im Gegensatz zu allen anderen Medien gar nicht auf Leistungsdaten angewiesen, weil Subventionen ihre Haupteinnahmequelle sind. Und diese könnten gefährdet sein, wenn belegt wird, dass ihre Programme kaum genutzt werden, wie es die neuen Daten ausweisen. Aber diese Entwicklung ist für sie schlicht kein Problem, denn die regionale Werbung verkauft man eh ohne Daten, und den Verlust der wenigen nationalen Spots kompensiert man durch die eingesparten Mediapulse-Kosten. Damit aber wird der Irrsinn der bundesrätlichen Medienpolitik besonders deutlich. Erstens eignet sich das teure, sperrige Fernsehen nicht für dünn besiedelte Randregionen. Also handelt es sich hier um einen politischen erzwungenen Grundlagenirrtum. Zweitens sind bei diesen Sendern genaue Zuschauerzahlen mit nützlichem Aufwand kaum genau zu erfassen, weil sie in ihren bevölkerungsarmen Verbreitungsgebieten bloss mikroskopische Marktanteile erzielen, da die meisten dieser uninspirierten Angebote in einem immer vielfältigeren Programmangebot ständig mehr an Bedeutung verlieren. Gibt es nun also Hoffnung, dass durch die Offenlegung dieser Widersprüche eine eingehende Diskussion über den sinnvollen Einsatz von Zwangsgebühren an Private lanciert wird? Ich bezweifle es. Die lukrativen Futterstellen sind in der Hand von regionalen Medienfürsten, die sich gegen jede Korrektur kategorisch zur Wehr setzen würden, denn mit dieser unsinnigen staatlichen Geldverschleuderung zementieren sie nicht nur ihre Monopole, sondern sie plustern zusätzlich auf elegante Weise und auf Kosten Dritter ihr persönliches Ego auf. Deshalb klingen die Klagen über die zunehmende Medienkonzentration hohl, wenn der Staat im einzigen Bereich, wo er nicht nur mit Gesetzen, sondern auch mit vielen Millionen einzugreifen vermag, absolut versagt hat.
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