20.09.2022

Digital-Allianz

«Die Solidarität ist immens wichtig»

Die SRG hat sich dem Schweizer Medien-Login OneLog angeschlossen. Was bedeutet das nun für die Zuschauerinnen und Zuschauer? Und wo steht OneLog heute? Ringier-CEO Marc Walder, SRG-Generaldirektor Gilles Marchand und Pietro Supino, Verleger TX Group, nehmen Stellung.
Digital-Allianz: «Die Solidarität ist immens wichtig»
Machen sich für das gemeinsame Medien-Login OneLog stark (v.l.): Marc Walder (CEO Ringier), Gilles Marchand (Generaldirektor SRG) und Pietro Supino (Verleger TX Group), hier am diesjährigen SwissMediaForum. (Bild: SMF/Joel Koch)
von Christian Beck

Vor vier Jahren, am SwissMediaForum 2018, wurde während der traditionellen Elefantenrunde die Idee eines gemeinsamen Logins für die Schweizer Medienbranche geboren (persoenlich.com berichtete). Die CEOs von CH Media, NZZ, Ringier, SRG und der TX Group besiegelten per Handschlag ihre Überzeugung, dass die Schweizer Medienunternehmen beim Ringen um die Gunst von Leserinnen und Lesern gemeinsam besser aufgestellt sind. 2019 wurde aus einer Idee Realität und eine erste Online-Registrierung startete. 2021 gründeten Ringier und die TX Group das Joint Venture OneLog, die technische Anbieterin der gemeinsamen Login-Plattform. Seither können sich Medien-Nutzerinnen und -Nutzer mit einem Login bei 20 Minuten, Blick und vielen weiteren Medien von Ringier, Ringier Axel Springer und Tamedia anmelden.


Herr Marchand, nun steigt auch die SRG bei OneLog ein. Was gab den Ausschlag?
Gilles Marchand: Die SRG ist mit den weiteren führenden Schweizer Medienunternehmen CH Media, NZZ, Ringier und TX Group Teil der Schweizer Digital-Allianz. Diese hat sich die Verbesserung der Nutzerbeziehung zum Ziel gesetzt. Die SRG ist und wird zwar nicht Aktionärin von OneLog, sie integriert aber im Sinne der Allianz das OneLog-Login als Drittplattform-Login, damit Nutzerinnen und Nutzer sich unkompliziert über mehrere Angebote hinweg anmelden können. Damit stärken die Allianzmitglieder den Schweizer Medienplatz.

Beim Start von OneLog im September 2021 hiess es, dass die SRG das gemeinsame OneLog-Login als zusätzliche, freiwillige Login-Möglichkeit auf ihren Plattformen anbieten werde. Wird es nun also Pflicht, sich einzuloggen?
Marchand: Es gibt keine generelle Login-Pflicht bei unseren Angeboten und Dienstleistungen. Diese fällt nur dann an, wenn die SRG ihren Nutzern einen Mehrwert bietet, der ein Login erfordert. Beispiel: Personalisierungsfunktion oder mobiles Weiterschauen auf allen Geräten mit unserer Streaming-Plattform Play Suisse.

«Die Daten, welche die SRG sammelt, werden aber weder geteilt noch vermarktet»

Wie muss ich mir das konkret vorstellen? Wofür genau soll ich mich künftig bei der SRG einloggen? Und was haben die Zuschauerinnen und Zuschauer davon?
Marchand: Wie erwähnt haben wir aktuell beispielsweise bei unserer Streaming-Plattform Play Suisse ein Login und auch beim beliebten SRF-Tippspiel. Beide Angebote setzen die Angabe von Personendaten voraus: Bei Play Suisse etwa für die Personalisierungsfunktion, beim SRF-Tippspiel, um Gewinnerinnen und Gewinner informieren zu können. Die Daten, welche die SRG sammelt, werden aber weder geteilt noch vermarktet. Unser Radio-, Fernseh- und Onlineangebot bleibt der Öffentlichkeit weiterhin frei zugänglich. Dazu gehören auch Play SRF, Play RTS, Play RSI, Play RTR und swissinfo.ch. Bei den bestehenden Logins haben wir insgesamt rund 800'000 Registrierungen. Play Suisse wird aufgrund der angebotenen Benutzererfahrung sehr geschätzt, insbesondere die Möglichkeit, auch im Ausland, zum Beispiel in den Ferien, mit einem Schweizer Login zu streamen.

Nebst der SRG ist das Login bei Medien von Ringier, Ringier Axel Springer Schweiz, 20 Minuten und seit Ende 2021 bei Tamedia im Einsatz. Wann folgen CH Media und die NZZ?
Pietro Supino: Die NZZ und CH Media werden voraussichtlich in einem Jahr bei OneLog dabei sein – und natürlich hoffen wir auf weitere Medienhäuser aus der ganzen Schweiz.

Warum braucht es möglichst alle an Bord – oder anders gefragt: Warum ist die Solidarität der Schweizer Medienbranche so wichtig?
Marc Walder: Die Solidarität ist immens wichtig, weil die Schweizer Medienbranche – so wie die gesamte Medienbranche weltweit – vor ausserordentlichen Herausforderungen steht. Nur mit geeinten Kräften können wir vorankommen – daran knüpft auch die Schweizer Digital-Allianz an. Wir sehen, dass sich in vielen europäischen Ländern innerhalb der Medienindustrie digitale Allianzen bilden, aber der umfassende Schulterschluss wie in der Schweiz ist einzigartig. Ein geeintes Vorgehen innerhalb der Medienbranche ist auch in anderen Bereichen zentral, insbesondere beim gemeinsamen Vorstoss zur Einführung eines Leistungsschutzrechts, welches zum Ziel hat, die Drittnutzung von Medieninhalten durch Technologieunternehmen zu regeln. Vor diesem Hintergrund freut es mich sehr, dass die SRG – wie gesagt ein Gründungsmitglied der Schweizer Digital-Allianz – in Kürze OneLog einsetzen wird.

Marchand: Der Schweizer Medienmarkt ist zu klein, um sich gegenseitig zu bekämpfen. Die wahre Konkurrenz sind die globalen Player, die enorm viel Werbegeld aus der Schweiz abziehen. Eine Stärkung des Schweizer Medienplatzes sollte deshalb unser gemeinsames Ziel sein.

«Der Datenschutz hat für uns immer oberste Priorität»

In einem persoenlich.com-Interview wurde uns versichert, dass die Medien untereinander nur E-Mail-Adresse und Passwort austauschen, ansonsten aber keine weiteren Nutzerdaten. Ihre Marketingabteilungen würde das aber sicher brennend interessieren …
Supino: Daran hat sich nichts geändert. OneLog ist eine reine Login-Lösung, die explizit nicht Werbezwecken dient. Der Datenschutz hat für uns immer oberste Priorität.

Marchand: Die SRG teilt keine Nutzerdaten. Sie erhält die Daten, die sie für die Anmeldung der bei OneLog registrierten Benutzerinnen und Benutzer benötigt, wenn diese sich zum Beispiel mit dem OneLog-Login bei Play Suisse anmelden wollen.

OneLog wurde von Beginn weg vom Eidgenössischen Datenschützer begleitet. Wie wichtig war das für Sie?
Walder: Der Datenschutz ist allen Partnern innerhalb der Schweizer Digital-Allianz ein grosses Anliegen, weil das Vertrauen und die Reputation, die unsere Titel bei unseren Leserinnen und Lesern geniessen, zu den wichtigsten Gütern überhaupt gehören. Deshalb haben wir von Anfang an Adrian Lobsiger, den Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten, ins Boot geholt. Die Data Protection Officers der beteiligten Häuser stellten – in enger Abstimmung mit dem Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten – sicher, dass OneLog entlang der Schweizer Datenschutzrichtlinien gestaltet wurde und deren Vorgaben eingehalten werden. Zusätzlich und sofern anwendbar, werden auch die Datenschutzgesetze der Europäischen Union berücksichtigt. Wie ernst wir das Thema nehmen, zeigt sich auch daran, dass OneLog als eigenständiges Unternehmen auch über eine eigene, von den beteiligten Medienunternehmen unabhängige DPO verfügt.

Ringier und Tamedia haben bereits Erfahrung mit OneLog. Wird das Login akzeptiert?
Supino: Tamedia hat OneLog gleichzeitig mit dem Wechsel zu einer neuen Paywall und der Einführung neuer Abos lanciert. Das war ein anspruchsvoller Wechsel, der gut funktioniert hat. Das zeigen die wachsenden Zahlen bei den OneLog-Accounts und bei den Digitalabos.

Walder: Insgesamt wurde das Login bei unseren Leserinnen und Lesern gut aufgenommen. Meines Erachtens sollte es für jede Userin und jeden User eine Selbstverständlichkeit sein, sich für hochwertigen Journalismus einzuloggen. Zudem ist das Login schnell erstellt – es werden nur die allernotwendigsten Informationen dafür abgefragt. Und ein zentraler Anreiz ist ja: Einmal registrieren und dann auf alle beteiligten Medien mit demselben Login zugreifen.

Zuletzt kam Tamedia dazu, OneLog wurde schrittweise bei allen Titeln eingeführt. Herr Supino, gab es auch negative Reaktionen?
Supino: Die Einführung war weitgehend problemlos. Ganz vereinzelt war Nutzerinnen und Nutzern unklar, weshalb beim Login auf tagesanzeiger.ch oder tdg.ch (Tribune de Genève) plötzlich das Logo von 20 Minuten oder des Blicks erscheint. Mit einigen Zusatzinformationen konnten wir solche Fragen rasch klären.

Ganz konkret: Wie viele Personen nutzen bereits OneLog?
Supino: OneLog hat rund 1,8 Millionen registrierte Nutzerinnen und Nutzer, das ist für die Schweiz ein sehr guter Wert. Und es kommen jeden Tag neue Nutzerinnen und Nutzer dazu.

«Der Anreiz muss zum Titel passen»

Braucht es zusätzliche Anreize, damit sich noch mehr Personen registrieren und das Login nutzen?
Walder: Ja, weil zusätzliche Anreize sowohl die Registrierung als auch das Login auf den einzelnen Medien fördern. Vor allem muss der Anreiz zum Titel passen. So bietet Blick etwa den Mehrwert, dass man mittels Login die Kommentarfunktion nutzen und an Wettbewerben teilnehmen kann. Bei den Bezahltiteln von Tamedia wird hingegen der Zugang zu Abo-Inhalten bei einem kostenlosen Probeabo angeboten. Letztlich muss jedes Medium den eigenen Mix von Inhalten, Features und speziellen Angeboten finden, um Leserinnen und Leser von einem Login zu überzeugen. Damit ist die Arbeit allerdings nicht getan, sondern es gilt, die Login-Anreize stets weiterzuentwickeln. Noch ein Satz, warum es das Login überhaupt braucht …

Bitte.
Walder: Registrierung und Login sind ja kein Selbstzweck, sondern sie erlauben uns als Medienunternehmen, unsere Nutzerinnen und Nutzer noch besser zu kennen und das Nutzererlebnis zu verbessern – und damit für unsere Leserinnen und Leser relevant zu bleiben.

Warum ist es so wichtig, dass die Medienhäuser für das Ende der 3rd Party Cookies rechtzeitig gewappnet sind?
Supino: Es geht um unsere Produkte, die wir laufend weiterentwickeln, verbessern und auf die Bedürfnisse der Nutzerschaft ausrichten. Das geht nur, wenn wir unser Publikum kennen. Dafür sind Informationen darüber wichtig, was, wann, wie lange gelesen wird. Zur Wahrung der Anonymität werden die Daten natürlich verschlüsselt. Wo gewünscht, kann das Angebot auf dieser Basis auch personalisiert werden.

«Diese Entwicklung bestärkt uns darin, unsere Bemühungen für gemeinsame Lösungen wie OneLog weiter voranzutreiben»

Eigentlich ist OneLog eine Farce: Apple führt mit iOS 16 Passkey ein, Passwörter werden damit überflüssig. Andere Hersteller folgen. Wie wappnen sie sich dagegen?
Supino: Wie in anderen Bereichen lassen sich die grossen Tech-Unternehmen auch bei den Login-Technologien nicht zweimal bitten und versuchen, ihre Vormachtstellung auszubauen. Diese Entwicklung bestärkt uns darin, unsere Bemühungen für gemeinsame Lösungen wie OneLog weiter voranzutreiben.

Wo steht OneLog in einem Jahr?
Walder: Ich bin der festen Überzeugung, dass in einem Jahr sämtliche führenden Schweizer Medienhäuser OneLog einsetzen werden. Das ist immanent wichtig, damit das Login für hochwertigen Journalismus zu einer Selbstverständlichkeit wird – wie das bereits bei Netflix, Instagram, Spotify, Twitter und so weiter der Fall ist. Die Schweizer Digital-Allianz würde es freuen, wenn zu dem Zeitpunkt auch kleinere Betriebe OneLog einsetzen würden. Denn je geschlossener wir das gemeinsame Login nutzen, desto breiter wird der Schweizer Medienstandort gestärkt. Neben den Medientiteln wird OneLog voraussichtlich noch in diesem Jahr zum ersten Mal bei einem Medium im weiteren Sinne eingeführt …

Bei welchem?
Walder: Die JobCloud AG – die je hälftig Ringier und der TX Group gehört – ist das führende digitale Unternehmen im Schweizer Stellenmarkt und bietet verschiedene Rekrutierungslösungen an. Neben den führenden Jobportalen wie jobs.ch, JobScout24.ch und jobup.ch gehören auch zukunftsträchtige Technologien zum Portfolio. Und übrigens: Wir sehen bereits jetzt, dass die ersten Diskussionen mit den Kolleginnen und Kollegen von JobCloud zu neuen Login-Features äusserst fruchtbar sind.



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Kommentare

  • Ueli Custer, 20.09.2022 07:00 Uhr
    Was lange währt. In einem Dossier "Pricing" des Verbandes Schweizer Medien habe ich im März 2010 ein solches gemeinsames Login vorgeschlagen. Manche Früchte reifen halt etwas langsamer.
Kommentarfunktion wurde geschlossen

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