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Möge die Wahrheit siegen

Christian Beck

Daran gibt es vermutlich nichts zu rütteln: #SecondoAugust ist aufsehenerregend. Dass sich jemand mittels eines ganzseitigen Inserates gegen eine Medienberichterstattung wehrt, sieht man nicht aller Tage. Interessant ist nun zu beobachten, wie für die eine oder andere Seite Partei ergriffen wird.

Was ist passiert? Das Konsumentenmagazin Beobachter berichtete letzten Dezember über angeblich illegale Geschäftspraktiken bei Swiss Home Finance. Mitarbeitende sollen beim Krankenkassenvermittler Unterschriften gefälscht haben. Unternehmer Benard Duzhmani wehrte sich – auf eine aussergewöhnliche Art und Weise. In der NZZ am Sonntag und am Montag in 20 Minuten erschien ein jeweils ganzseitiges Inserat mit dem Titel «Gedanken zum Secondo August» (persoenlich.com berichtete).

«Den 1. August – beziehungsweise den ‹Secondo August› – sehen wir als Gelegenheit, darüber nachzudenken, wie wir mit Stereotypen und Vorurteilen gegenüber einem sehr grossen Teil der Bevölkerung in der Schweiz umgehen», sagte Duzhmanis Kommunikationsberater David Schärer, Gründungspartner der Werbeagentur Rod Kommunikation, in einem persoenlich.com-Interview.

Der «Gegenschlag» liess nicht lange auf sich warten. «Dem Beobachter fremdenfeindliche Tendenzen vorzuwerfen, ist absurd. Journalistinnen und Journalisten sind gehalten, alle wichtigen Fakten zu einem Sachverhalt darzustellen», entgegnete Beobachter-Chefredaktor Dominique Strebel gegenüber persoenlich.com. Eine bezahlte PR-Anzeige sei nicht der richtige Weg, um eine Auseinandersetzung zu journalistischen Inhalten zu führen.

Rede und Gegenrede. Und nun bilden sich Leserinnen und Leser ihre eigenen Urteile. «Dem Beobachter solch journalistisches Fehlverhalten zu unterstellen, ist wie Mutter Theresa eines Doppelmordes zu bezichtigen», schreibt etwa ein persoenlich.com-Leser. Beim Onlinemagazin 20 Minuten, welches das Thema ebenfalls aufgegriffen hat, stehen in der Kommentarspalte Sätze wie «Finger weg von solchen Firmen» oder «In ein Inserat lässt sich viel schreiben». Aber auch: «Was ist mit diesem Journalisten, woher nimmt er sich das Recht, etwas einfach so zu behaupten?»

Der Fall Duzhmani soll nun vor Gericht gebracht werden – wegen Verletzung der Persönlichkeitsrechte und Verletzung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb. Die Fronten sind verhärtet. Duzhmani sagt, er und seine Mitarbeitenden hätten nichts falsch gemacht. Der Beobachter entgegnet, die Vorwürfe seien gut belegt. Was stimmt? Entscheiden wird am Schluss nicht, wer viel Geld in eine Kampagne gesteckt oder wer besser argumentiert hat. Entscheiden werden auch nicht die Leserinnen und Leser. Entscheiden werden nun die Richter.

Möge die Wahrheit siegen. Sofern es denn überhaupt eine gibt.



Christian Beck ist Redaktor von persoenlich.com.

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