11.09.2022

Radio SRF 3

«Ich mag Gespräche mit Haltung»

Am Montag moderiert Stefan Büsser erstmals das SRF-Talkformat «Focus». Erster Gast des 37-jährigen Comedians und Moderators ist Komiker Marco Rima. Die beiden vertreten gegensätzliche Meinungen zu Corona. Was ist von der Sendung zu erwarten?
Radio SRF 3: «Ich mag Gespräche mit Haltung»
«Ich habe schon ein paar Wunschgäste im Kopf, möchte aber auch immer aktuell sein», sagt Moderator Stefan Büsser, neuer Host des SRF-Talkformats «Focus». (Bild: Ellin Anderegg)
von Christian Beck

Herr Büsser, am Montagabend ist der Komiker Marco Rima Ihr erster Talkgast bei «Focus» auf Radio SRF 3. Werden die Fetzen fliegen?
Also erstens hat Marco wieder an Gewicht verloren, man kann ihn darum nicht mehr als «Fetzen» bezeichnen (lacht). Aber auch als Leichtgewicht werde ich ihn nicht fliegen lassen, sondern wir führen ein Gespräch unter Freunden, die nach zwei Jahren Pandemie mit unterschiedlichen Ansichten herausfinden wollen, ob und wie es ihre Freundschaft verändert hat. Wir sind beide harmoniesüchtig, aber auch klar in unseren Haltungen, was hoffentlich zu einer lebhaften, aber fairen Diskussion führt.

Sie klärten während der Pandemie immer wieder über Corona auf (persoenlich.com berichtete). Marco Rima hingegen machte Schlagzeilen als Massnahmenskeptiker. Nervte Sie seine Haltung?
Ich habe sie nicht immer verstanden – und manches, das er gesagt oder getan hat, fand ich auch unnötig oder sogar doof. Aber Marco steht eine eigene Meinung und die freie Rede zu, wie jedem anderen auch. Ich will verstehen, warum er so denkt und was seine Beweggründe waren. Und ich bin auch kein Narr zu glauben, dass ich immer richtig liege. Im Meinungspluralismus ist auch immer viel Potenzial, das eigene Denken zu hinterfragen und dazuzulernen.

«Ich kenne Marco lange genug, um zu wissen, dass er ein Menschenfreund ist»

Vor allem in den sozialen Medien gab es für Marco Rima heftigen Gegenwind, viele wandten sich von ihm ab. Finden Sie Rima noch lustig?
Ich kann das Comedy-Genie sehr gut vom Menschen trennen, auch weil ich von mir selbst weiss, dass eine Aussage zu Comedy-Zwecken nicht zwingend die persönliche Meinung widerspiegeln muss. Und ich kenne Marco lange genug, um zu wissen, dass er ein Menschenfreund ist und sein Handeln in der Absicht war, etwas Gutes zu tun und Leuten eine Stimme zu geben, die sonst nicht gehört würden. Wenn etwas nicht repräsentativ ist, dann die Meinungen in den Kommentarspalten oder in den sozialen Medien.

Welche Frage an Marco Rima brennt Ihnen so richtig unter den Nägeln?
Zum Glück ganz viele, ich muss ja eine Stunde Gespräch füllen. Die meisten beginnen mit «warum». Warum hat er diese Haltung eingenommen? Warum fühlte er sich als Sprachrohr berufen? Warum glaubt er, es besser zu wissen als die Fachleute? Warum hat er seine Karriere riskiert? Was hat diese Zeit mit ihm gemacht und würde er wieder gleich handeln? Und ich möchte herausfinden, woher diese staatskritische Haltung – nicht nur in Coronafragen – kommt und was das mit seiner Vergangenheit zu tun hat.

Sie leiden an Diabetes und an der chronischen Lungenkrankheit Zystische Fibrose. Rückblickend: Wie haben Sie die Coronapandemie als Risikopatient erlebt?
Je länger, je entspannter. Anfangs war natürlich viel Unsicherheit da, auch viel Angst. Aber ich versuche, Ängste schnellstmöglich mit Wissen zu beseitigen, und je mehr man wusste, desto entspannter wurde ich. Dann wurde aus der Angst schnell «nur» noch Respekt und schlussendlich Pragmatismus.

«Mein Alltag hat sich etwas entspannt», sagten Sie Anfang 2021 in einem persoenlich.com-Interview. Ist Ihr Alltag mittlerweile wieder wie vor der Pandemie?
Seit der Impfung kann ich mich eigentlich wieder normal unter Menschen begeben und führe mein Leben wieder wie gewohnt.

«Ich kann hier eine weitere Seite von mir zeigen»

Sie und Comedian Cenk Korkmaz ergänzen das SRF-Talkformat «Focus» (persoenlich.com berichtete). Was reizt Sie an der neuen Aufgabe?
Ich kann hier eine weitere Seite von mir zeigen. Wir Menschen schubladisieren ja gerne. Für viele war ich vor Corona der Typ mit den Bachelor-Zusammenfassungen. Dann kam Corona und die Leute haben gemerkt, dass ich neben lustig auch ernst kann. Den «Focus» sehe ich als logische Fortführung dieser Entwicklung, ohne dass ich dabei meinen Humor ablege, auch innerhalb des Formats.

Was wollen Sie anders machen als das bestehende Team um Kathrin Hönegger, Hannes Hug, Anita Richner, Judith Wernli und Yves Bossart?
Jede und jeder meiner «Focus»-Kolleginnen und -Kollegen hat einen ganz eigenen Stil, so wie Cenk und ich unseren Stil einbringen werden. Und in erster Linie konsumiert man diese Sendung ja nicht des Hosts wegen, sondern wegen der Gästeauswahl und den spannenden Gesprächen.

Dass Comedians Talks hosten, ist vor allem im angelsächsischen Raum weit verbreitet. Es heisst gar, dass Comedians die coolsten Talkshows machen. Spüren Sie einen gewissen Erfolgsdruck?
Den spüre ich immer und meistens kommt er mehr von mir als von aussen. Vor allem spüre ich aber auch grosses Vertrauen der «Focus»-Leitung, dass ich das mit meinem Stil spannend und abwechslungsreich gestalten werde. Bei allem, was ich mache, frage ich mich: Würde ich das selber hören oder sehen wollen? Und wenn ich das mit «Ja» beantworten kann, dann hat es meistens funktioniert. Vielleicht auch, weil mein Geschmack sehr durchschnittlich und massentauglich ist.

«Ich habe ein grosses Stück Freiheit in meinem Alltag gewonnen»

Vor ziemlich genau einem Jahr hängten Sie Ihre Show «Büsser am Mittag» an den Nagel und verliessen SRF 3. Vermissten Sie das Radiomachen?
Ich vermisse es jeden Tag. Was ich nicht vermisse, ist der Dienstplan. Ich habe ein grosses Stück Freiheit in meinem Alltag gewonnen, was ich nur ungern wieder hergeben würde. Mit dem «Focus» kann ich wieder etwas Radioluft schnuppern, ohne dabei zeitlich gross eingeschränkt zu werden. Auch wenn ein Talk natürlich nicht vergleichbar ist mit einer normalen Radiomoderation.

Sie werden sich mit Cenk Korkmaz sechs Talks pro Jahr teilen. Wie früh vor einer Sendung steht fest, wen Sie einladen wollen? Und wie wählen Sie aus?
Ich habe schon ein paar Wunschgäste im Kopf, möchte aber auch immer aktuell sein. Deshalb lege ich nicht schon Monate vorher fest, wer mein Gast wird. Ich mag Gespräche mit Haltung und finde nichts langweiliger, als gleicher Meinung zu sein. Deshalb versuche ich Gäste einzuladen, die ich mag, mit denen ich aber nicht gleicher Meinung bin. Auch mit dem Ziel, in der heute ständig erregten Gesellschaft ein Beispiel zu geben, dass man anderer Meinung sein und sich trotzdem mögen kann.

Am Samstag war die Verleihung der Swiss Comedy Awards, die Sie moderierten. Hatten Sie überhaupt Zeit und Musse, sich auf das Gespräch mit Marco Rima vorzubereiten?
Da ich mit Marco über viele Jahre freundschaftlich verbunden bin, kenne ich ihn natürlich viel besser als einen Gast, bei dem ich mich vorher noch tagelang in die Bio einlesen müsste. Das verkürzt die Vorbereitung in diesem Fall etwas. Wir gehen aber direkt vor der Aufzeichnung noch zusammen auf eine Runde Golf, wo es dann auch ein mehrstündiges Vorgespräch in lockerer Atmosphäre gibt.



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Kommentare

  • Peter Eberhard, 12.09.2022 09:47 Uhr
    Wenn das bei "Focus" so rauskommt wie am Samstag bei den Comedy Awards, dann gute Nacht.
Kommentarfunktion wurde geschlossen

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