12.11.2021

Trotz Leserrückgang

Verlage halten an Sonntagspresse fest

Anders als Sonntagszeitungen in Deutschland planen SonntagsBlick, NZZ am Sonntag und SonntagsZeitung keine Vorverlegung auf den Samstag, wie eine persoenlich.com-Umfrage zeigt. CH Media zieht derweil über vier Jahre nach Einführung der Schweiz am Wochenende ein positives Fazit.
Trotz Leserrückgang: Verlage halten an Sonntagspresse fest
Die Deutschschweizer Sonntagszeitungen (NZZaS, SoZ, SoBli) verlieren seit längerer Zeit Leser. (Bild: Keystone/Jean-Christophe Bott)
von Tim Frei

Aus Sonntags- werden Samstagszeitungen: Dieser Trend lässt sich dieses Jahr in Deutschland beobachten. So erscheint die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung seit dem Frühjahr neu am Samstag – und dies zusätzlich zur FAZ-Samstagsausgabe. Die Welt am Sonntag wird seit September nicht mehr nur am Sonntag publiziert, sondern auch bereits samstags in einer Frühversion. Dafür wurde die Samstagsausgabe der Welt gestrichen. Diese Veränderungen erfolgten vor allem aus Spargründen, wie aus einem Artikel der Süddeutschen Zeitung hervorgeht.

Vor diesem Hintergrund wollte persoenlich.com von den Deutschschweizer Sonntagszeitungen NZZ am Sonntag, SonntagsBlick und SonntagsZeitung wissen, ob die Strategien aus Deutschland mögliche Zukunftsszenarien wären. Und ob sie aufgrund der seit Jahren rückläufigen Leserzahlen – wie die Wemf-Erhebungen zeigen – die kostenträchtige Produktion einer Sonntagszeitung nicht überdenken sollten. 

Einstellung ist nach wie vor kein Thema

Die drei Sonntagszeitungen halten an ihrem Konzept fest, wie die Umfrage zeigt. Arthur Rutishauser, Chefredaktor SonntagsZeitung und Redaktion Tamedia, sagt: «Selbstverständlich überlegen wir uns stets, wie wir unser Angebot entsprechend den Ansprüchen und Bedürfnissen unserer Kundinnen und Kunden weiter optimieren können. Das Einstellen oder die Vorverlegung der SonntagsZeitung auf den Samstag ist aber kein Thema.» Auch die Blick-Gruppe plant gemäss Sprecher Daniel Riedel «im überblickbaren Zeitrahmen keine Anpassungen unserer Produktpalette». 

Die NZZ am Sonntag sei ein unabhängiger Titel mit einer eigenständigen Redaktion, einer eigenen journalistischen Identität und Positionierung sowie einer Leserschaft, die sich nur zum Teil mit der werktäglichen NZZ decke, wie Kommunikationschefin Karin Heim sagt: «Es bestehen keinerlei Pläne und auch keine wirtschaftliche Notwendigkeit, die NZZ am Sonntag nicht weiterzuführen. Im Gegenteil: Wir sehen grosses Potenzial für die Entwicklung des Sonntagstitels, im Print wie auch im digitalen Bereich.»

Leserschwund setzt sich auch während Pandemie fort

Ringier und Tamedia begründen das Festhalten an der Sonntagspresse mit wirtschaftlichem Erfolg. «Der SonntagsBlick ist profitabel, erlebt auf dem Werbemarkt ein hervorragendes Jahr und bedient weiter ein sehr hohes Bedürfnis auf dem Lesermarkt», so Riedel. Und die SoZ, aktuell reichenweitenstärkstes Sonntagsblatt, ist laut Angaben von Rutishauser «sowohl auf dem Leser- wie auch Werbemarkt ein sehr geschätztes Produkt mit einer nach wie vor hohen und treuen Leserschaft». Die Anzahl Abonnemente würde sich stabil halten.

Fakt ist allerdings, dass die Leserzahlen der Sonntagspresse gemäss Wemf nach wie vor rückläufig sind: NZZaS hat im Vergleich zu 2018 62'000 Leserinnen und Leser (-16 Prozent) verloren, die SoZ 90'000 (-16 Prozent) und der SoBli gar 154'000 (-28 Prozent). Riedel, Mediensprecher der Blick-Gruppe, macht daraus keinen Hehl: «Die Auswirkungen der Corona-Pandemie haben die aktuellen Leserschaftszahlen bei allen Sonntagstiteln sinken lassen.»

Die reduzierte Mobilität und die mehrwöchigen Restaurantschliessungen hätten die Zahl an Zweit- und Drittlesern reduziert und die Kioskschliessungen den Einzelverkauf, so Riedel weiter. Dadurch sei der SonntagsBlick – laut eigenen Angaben jener Sonntagstitel mit dem höchsten Einzelverkaufs-Anteil (26,3 Prozent) – besonders stark von den Lockdown-Massnahmen betroffen gewesen. «Wir arbeiten seit geraumer Zeit an Massnahmen, wie der Leserschwund gestoppt werden kann – wie bestehende Leserinnen und Leser möglichst lange behalten und neue gewonnen werden können», sagt Riedel. 

Was CH Media zum Aktualitätsnachteil sagt

Mit der Schweiz am Wochenende (SaW) gibt es seit über vier Jahren eine Wochenendzeitung am Samstag. Im März 2017 erschien sie zum ersten Mal, 2019 wurde sie auf die Zentral- und Ostschweiz ausgeweitet (persoenlich.com berichtete). Gemäss Stefan Heini, Kommunikationschef von CH Media, fällt die Bilanz positiv aus: «Gemeinsam mit unseren Partnern erreicht die Schweiz am Wochenende im Verbreitungsgebiet der Nordwest-, Zentral-, Ost- und Südostschweiz, Liechtenstein sowie im Wallis eine Auflage von rund 400'000 Exemplaren und rund 1 Million Leserinnen und Leser.» Damit sei die SaW die «auflagenstärkste Wochenendzeitung der Schweiz».

Wie zuletzt der Walliser Bote würden laufend «namhafte Partner» dazukommen, welche die Schweiz am Wochenende ihrem Publikum neu zugänglich machen würden. «Demensprechend attraktiv ist die Publikation für Werbetreibende, die ein breites Publikum in der deutschsprachigen Schweiz erreichen möchten», so Heini weiter. 

Die Einführung der Schweiz am Wochenende wurde vom damaligen NZZaS-Chefredaktor Felix E. Müller kritisiert: «Die Zeitung von heute schlägt die Zeitung von gestern», sagte er (persoenlich.com berichtete). Wie beurteilt man bei der SaW nach vier Jahren diesen angesprochenen Aktualitätsnachteil? «Anders als die Tagespresse bietet die Wochenendpresse vor allem auch vertiefende Hintergrundberichte und Geschichten, die nicht ans tagesaktuelle Geschehen gebunden sind», sagt Heini und ergänzt: «Auch wenn es stimmt, dass wir in der Samstagsausgabe selbstredend nicht berichten können, was am Samstag passiert, verpassen unsere Leserinnen und Leser dank unserer Online-Portale, Apps und Newsletter dennoch nichts, was am Samstag geschieht und wirklich wichtig ist.»



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