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Ein Jahr der Agenturfusionen

Edith Hollenstein

Die Medienkonzentration widerspiegelt sich in der Schweizer Agenturwelt: Publicis integriert Notch, Wirz übernimmt Caviezel Communications, in der Ostschweiz übernimmt die grösste ansässige Agentur Dachcom die Webagentur Webstobe, in Basel schliessen sich OSW und Meier zusammen, in Aarau verschmelzen Braintrain und Renzen zu Blueheart. Das Jahr 2019 geht als Jahr der Agenturzusammenschlüsse in die Geschichte ein. Und diese Entwicklung dürfte nicht abgeschlossen sein. «Ich glaube, dass mittelgrosse Agenturen unter Druck kommen werden, die in nur einer Disziplin stark sind», sagte Roman Geiser vor Wochenfrist in einem persoenlich.com-Interview. Seine Agentur Farner hatte im November bei uns für eine der grössten Schlagzeilen des Jahres gesorgt: «Farner kauft Rod Kommunikation».

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Warum schliessen sich kleinere Agenturen grossen Agenturverbünden an? Die Antwort liegt in mehreren Entwicklungen, die auf die Digitalisierung zurückzuführen sind:

Erstens die sinkenden Margen. Dienstleistungen, die im Ausland günstiger eingekauft werden können (Bildbearbeitung, Übersetzungen, Grafikarbeiten), setzen den Agenturen im Hochpreisland Schweiz zu. Globale Marken führen ihre Kampagnen vom Ausland aus, so dass für Schweizer Agenturen kein Business mehr abfällt.

Zweitens die Komplexität, Fragmentierung und Schnelllebigkeit. Zeitgemässe Kampagnen, die vielfach dem integrierten Ansatz folgen, erfordern ein Zusammenspiel unterschiedlicher Disziplinen. Agenturen müssen nicht nur Werbung oder PR anbieten, sondern auch Services in Spezialdisziplinen wie Change Management, PR, Branding oder Performance-Marketing. Immer zentraler werden dabei Technologie- und Datenlösungen. Viele Kampagnen basieren auf Datenauswertungen, und sie funktionieren über datengetriebene Mechaniken. Auf diesen Gebieten muss eine Agentur fit sein und sie möglichst bereits beim Start der Kampagnenentwicklung miteinbeziehen können, um an die Budgets grosser Werbeauftraggeber wie UBS, Swisscom, Coop, Migros oder SBB heranzukommen.

Hier müssen Agenturen aufrüsten und Wege finden, wie sie eng und unmittelbar mit den Kunden zusammenarbeiten können. Denn es gibt immer mehr Unternehmen, bei denen die Markenführung inhouse erfolgt, wie etwa Digitec Galaxus und auch On Shoes zeigen. Die Schweizer Laufschuhmarke On beschäftigt fürs globale Marketing am Standort Zürich ein internes Kreativteam, bestehend aus 80 Leuten. Den Aussenblick hole man sich über die externen Kreativen aus Storytelling, Film, Fotografie, Animation, Fashion und Architektur, erklärt Mit-Gründer David Allemann in einem persoenlich.com-Interview. Vor diesem Hintergrund ist es nachvollziehbar, dass Agenturen vermehrt kooperieren oder sich sogar zusammenschliessen.




Edith Hollenstein ist Redaktionsleiterin von persoenlich.com

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