25.12.2016

Jahresrückblick

Das war das Medienjahr 2016

Bei der Blick-Gruppe kommen und gehen neue Chefredaktoren, der Jugendsender Joiz muss schliessen und Pietro Supino wird Verlegerpräsident. Danebst gibt es viele weitere Abgänge und Neubesetzungen in den Chefetagen. persoenlich.com zeigt die wichtigsten Rochaden und Debatten des Jahres 2016.
Jahresrückblick: Das war das Medienjahr 2016
von Michèle Widmer

JANUAR

Das Jahr beginnt mit einer überraschenden und auch etwas traurigen Nachricht: Viktor Giacobbo und Mike Müller künden auf Ende 2016 das Aus ihrer Satiresendung «Giacobbo/Müller» an. Kurz danach beginnt das Nachfolger-Karussell zu drehen. SRF startet im April mit drei Satireformaten am Freitagabend. Mit Dominic Deville, Müslüm TV und Headhunter will das Leutschenbach jungen Nachwuchstalenten eine Chance geben. Den Sendeplatz zur Primetime am Sonntagabend übergibt SRF allerdings an «Aeschbacher», wie im Sommer bekannt wird.

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Viktor Giacobbo und Mike Müller im SRF-Studio. (Bild: SRF)

Während die einen vom Aufhören reden, starten die anderen mit einer neuen Herausforderung. Mit dem Jahreswechsel übernimmt Arthur Rutishauser nebst der Chefredaktion der «SonntagsZeitung» auch jene von «Tages-Anzeiger» und «Magazin. In der ersten Tagi-Ausgabe des Jahres schreibt er in einem Begrüssungsbeitrag, er wolle für die Leser das Funktionieren der vierten Gewalt garantieren. Einige Tage danach ergänzt er im Interview: «Auch SVP-Wähler sollen informiert sein, wenn sie den Tagi lesen».

Auch bei der «Neuen Zürcher Zeitung» wird zum Jahresstart ein wichtiger Posten neu besetzt. René Scheu übernimmt die Leitung des prestigeträchtigen Ressort Feuilleton. Bisher war er Chefredaktor des Magazins «Schweizer Monat». Sein Vorgänger Martin Meyer ging nach 23-jähriger Leitung des Ressorts Ende 2015 in Pension.


FEBRUAR

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Iris Mayer und Peter Röthlisberger im «Blick»-Newsroom. (Bild:Sabine Wunderlin / Ringier)

Der unter Wolfgang Büchner neu orchestrierte Blick Newsroom wird in Betrieb genommen. Gleichzeitig startet das Chefredaktoren-Duo Peter Röthlisberger und Iris Mayer, welche von der DPA in Berlin zum Blick stösst. Die beiden verantworten neu gemeinsam «Blick», «Blick am Abend» sowie die dazugehörenden Onlineportale. «Wir können Geschichten viel besser über die verschiedenen Kanäle spielen», schwärmen die beiden im Interview. Zudem sprechen sie über den «Boulevard der Zukunft». Dass die beiden dafür nur zehn Monate Zeit haben, ahnen sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht.

«Schweizer Terrorjahre: Das geheime Abkommen mit der PLO» heisst das Buch von NZZ-Reporterchef Marcel Gyr, welches kurz nach seiner Erscheinung zum Streit zwischen NZZ und dem «Tages-Anzeiger» führt. In mehreren Artikeln schreibt der Tagi gegen Gyrs These an. Sogar Bern setzt daraufhin eine Arbeitsgruppe ein, welche später zum Schluss kommt, dass es kein solches Geheimabkommen gegeben habe. Der Autor des Buches bleibt allerdings dabei: «Ich nehme kein Komma zurück», sagt dieser im Interview.

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Der neue Chefredaktor der NZZ-Regionalmedien Pascal Hollenstein. (Bild: zVg)

Am 17. Februar stellt die NZZ-Mediengruppe den neuen Super-Chefredaktor der Regionalmedien vor: Der bisherige stellvertretende Chefredaktor der NZZaS, Pascal Hollenstein, übernimmt im Frühjahr die publizistische Leitung vom «St. Galler Tagblatt» und der «Neuen Luzerner Zeitung». Er soll die insgesamt 14 Regionaltitel näher zusammenführen.

Die beiden Chefredaktoren Philipp Landmark (SGTB) und Thomas Bornhauser (NLZ) geben ihre Posten ab, wohl auch, weil sie sich nicht zu Regionalchefs zurückstufen lassen wollen.


MÄRZ

Einen Monat nach dem Start der neuen Newsroom-Struktur gibt Christine Maier die Leitung des «Sonntagsblick» ab. Die ehemalige SRF-Moderatorin will im Bereich Bewegtbild neue Aufgaben übernehmen. Philippe Pfister übernimmt die SoBli-Leitung bis auf weiteres interimistisch. Im Dezember wird uns schliesslich die Nachricht erreichen, dass sich Maier mit einem eigenen PR-Büro selbstständig macht.

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Die frühere SoBli-Chefredaktorin Christine Maier. (Bild: zVg.)

Mit Roger Blum erhält die SRG Deutschschweiz einen neuen Ombudsmann. Der Publikumsrat hat ihn zum Nachfolger von Achille Casanova bestimmt. Wenige Monate später erreicht uns die Nachricht, dass Casanova verstorben ist.


APRIL

«Hansi Voigt verlässt Watson» lautete die Breaking News vom 12. April 2016. Der Mitbegründer, Chefredaktor und Geschäftsführer konnte sich mit dem Verwaltungsrat der AZ Medien auf keine neue Führungsstruktur einigen, heisst es in der Mitteilung. Neuer Geschäftsführer wird nun Michael Wanner. «Es braucht einen Trainer und einen Sportchef», sagt Peter Wanner im Interview gegenüber persoenlich.com.

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Watson-Mitbegründer Hansi Voigt. (Bild: Keystone)

Nebst Voigts Abgang bei Watson beschäftigt die Branche im April ein anderes Thema. Stichwort: Inserateboykott. Werbekunden zu verärgern, liege heutzutage nicht mehr drin, sagt Verlegerpräsident Hanspeter Lebrument und legt damit den Grundstein für eine rege Debatte über die Unabhängigkeit der Medien. BaZ-Chefredaktor Markus Somm geht noch weiter und fordert Inseratekunden dazu auf, bei Unzufriedenheiten Druck auszuüben. Dafür ernten die beiden unter anderem vom Presserat scharfe Kritik.


JUNI

Im Juni wird klar, wer die Nachfolge von Hansi Voigt übernimmt: Maurice Thiriet wird neuer Chefredaktor von Watson. Auf die Frage, in welchem Bereich sich das Portal noch verbessern könnte, sagt Thiriet ganz in Watson-Manier: «Im Mini-Tischtennis».

Bei der «Neuen Zürcher Zeitung» entscheidet sich einer überraschend, das Traditionsblatt zu verlassen. René Zeller gibt die Leitung des Ressorts Inland ab und geht zum Magazin von SVP-Nationalrat Roger Köppel, der «Weltwoche». «Ich bin und bleibe parteiunabhängig», kommentiert er diesen Wechsel im Interview.

Im Sommer wird Michael Schönenberger als sein Nachfolger bestimmt. Schönenberger war Inlandredaktor bei der NZZ und machte einen kurzen Abstecher zum Beratungsunternehmen Farner.


JULI

Im Juli wird klar, wer die Nachfolge des zurücktretenden SRG-Verwaltungsratspräsidenten Viktor Baumeler übernimmt. Es ist Jean-Michel Cina. Die ausserordentlichen Delegiertenversammlung hat sich für den Walliser CVP-Staatsrat entschieden. Im Mai 2017 tritt er den Posten an.


AUGUST

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Der neue Superchefredaktor Christian Dorer. (Bild: zVg.)

In den Sommerferien erreicht uns aus dem Hause Ringier eine wichtige News nach der anderen: Christian Dorer, Chefredaktor der «Aargauer Zeitung» verlässt die AZ Medien in Richtung Zürich. Im Februar 2017 wird er Chefredaktor des «SonntagsBlick». Nur zwei Tage später wird bekannt, dass auch Geschäftsführer Wolfgang Büchner der Blick-Gruppe den Rücken kehrt und zurück nach Deutschland geht. Ende Monat präsentiert Ringier seinen Nachfolger. Alexander Theobald übernimmt die Geschäftsleitung der Blick-Gruppe interimistisch. Auch Philippe Pfister, der den SoBli seit dem Abgang von Christine Maier ad iterim geleitet hat, will nicht mehr und geht.

Mitte Monat sorgt erneut Hanspeter Lebrument für Schlagzeilen. Der 70-jährige VSM-Präsident stellt sein Amt zur Verfügung. Tamedia-Verleger Pietro Supino steht bereits in den Startlöchern. Grosse Empörung löst wenige Tage später ein Sparentscheid des Verbands aus: «Wir sistieren die Zahlungen an den Presserat für die nächsten drei Jahre», kündigt VSM-Geschäftsführer Andreas Häuptli in einem Schreiben an. Jährlich zahlte der Verlegerverband dem Presserat bisher 36'000 Franken.

Die nächste Breaking News betrifft den Jugendsender Joiz. Wegen Überschuldung muss der Jugendsender schliessen. 75 Mitarbeier verlieren ihren Job. Sie verabschieden sich in einem emotionalen Video über Facebook-Live.

Die «Neue Zürcher Zeitung» steigt beim Zurich Film Festival ein. Kurz vor der Veranstaltung im September übernimmt das Medienhaus 52 Prozent der Anteile. Nadja Schildknecht und Karl Spoerri bleiben Co-Direktoren. «Wir berichten weiterhin positiv wie negativ über Filme», sagt NZZ-CEO Veit Dengler im Interview.


SEPTEMBER

Der September beginnt mit einer traurigen Meldung: Der Boulevard-Journalist Helmut Maria Glogger ist tot. Die Nachricht löst in der Branche grosses Bedauern aus.

Erstmals fand in diesem Jahr das mit dem Medienkongress zusammengelegte Swiss Media Forum in Luzern statt. 480 Teilnehmer fanden den Weg ins KKL, wo Referenten wie der frühere «Guardian»-Chefredaktor Alan Rusbridger oder Bild-Chef Kai Diekmann auftraten.

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Der Gründer des Swiss Media Forums Patrik Müller beim Galadinner. (Bild: zVg.)

Am selben Tag findet die Mitgliederversammlung des Verband Schweizer Medien statt. Pietro Supino wird offiziell zum neuen Präsidenten gewählt. Gute Nachrichten verkündet Hanspeter Lebrument zudem in Sachen Presserat. Der Verband will die 36'000 Franken im Jahr jetzt doch weiterhin zahlen.


OKTOBER

Der Oktober ist der Monat der wichtigen Personal-News. Zuerst verkündet das Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) seinen neuen Kulturchef. Nach dem Abgang von Nathalie Wappler übernimmt ab Stefan Charles im neuen Jahr. Bisher hat der 49-Jährige als kaufmännischer Direktor am Kunstmuseum Basel gearbeitet.

Nach vorgängigen Gerüchten macht Constantin Seibt schliesslich ernst: Auf Ende Jahr verlässt der «Reporter des Jahres» den «Tages-Anzeiger». Zusammen mit Christof Moser, der bei der «Schweiz am Sonntag» ebenfalls gekündigt hat, initiert er das Project R.

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Die Journalisten Constantin Seibt und Christof Moser. (Bild: Project R)

Apropos «Schweiz am Sonntag»: Die AZ Medien machen Patrik Müller zum Doppelchefredaktor der SaS und der «Aargauer Zeitung».

Bei der NZZ steht im Oktober keine Person im Vordergrund, sondern ein Auto – genauer genommen ein Porsche. Erstmals in der Geschichte verkaufte die NZZ die Frontseite an einen Werbekunden.


NOVEMBER

Entgegen der Prognosen wird Donald Trump zum neuen US-Präsident gewählt. Dies führt zu heftigen Debatten über die Glaubwürdigkeit der MedienDie drei Korrespondenten Peter Hossli (Blick), Sacha Batthyany (Tagi/Süddeutsche) und Marcel Anderwert (SRF) erzählen, wie sie die Wahl vor Ort erlebt haben.

Nach der starken Selbstkritik hatte die Medienbranche eine Aufmunterung dringend nötig. Diese kommt vom Magazin «Journalist», der wie jedes Jahr den «Journalist des Jahres» kürt. Heuer ist es Daniel Ryser von der Woz. Er erhielt mit einer ausführlichen Reportage «Die Dschihadisten von Bümpliz» viel Aufmerksamkeit.

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Der künftige SRG-Generaldirektor Gilles Marchand. (Bild: zVg)

Berichte über den Rücktritt von Roger De Weck bestätigen sich. Im November steht bereits sein Nachfolger fest. Gilles Marchand wird im Oktober 2017 neuer SRG-Generaldirektor.


DEZEMBER

Im Dezember startet mit einer Abgangs-Welle im Hause Ringier. Iris Mayer und Peter Röthlisberger verlassen den «Blick», lautet die Breaking News. Nach nur zehn Monaten haben sich die beiden entschieden, die Co-Chefredaktion abzugeben. Der Grund: Christian Dorer soll im Februar 2017 nicht nur Chefredaktor des «SonntagsBlicks», sondern von der gesamten Blick-Gruppe werden. Wenige Tage später wird bekannt, dass auch der langjährige Kommunikationschef Edi Estermann Ringier verlässt.

Zum Jahresende stehen die Sparmassnahmen der Medienhäuser im Mittelpunkt. Die «Neue Zürcher Zeitung» gibt ihre Aussenstellen auf und beordert alle Inland-Korrespondenten nach Zürich oder Bern. Auch der «Tages-Anzeiger» will bei den Korrespondenten sparen. Die Zeitung kauft sich in das Korrespondentennetz der «Süddeutschen» ein und will im neuen Jahr noch stärker mit dem deutschen Blatt zusammenarbeiten.

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Die Frontseite der «Schweiz am Sonntag». (Bild: Keystone)

Und kurz vor Weihnachen bestätigen die AZ Medien schliesslich die Gerüchte über die Einstellung der «Schweiz am Sonntag». Das Verlagshaus bringt ab März 2017 am Sonntag keine Printzeitung mehr heraus und baut anstelle dessen die Samstagsausgabe der «Aargauer Zeitung» aus.



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Kommentare

  • Pierre Rothschild, 22.12.2016 11:08 Uhr
    Was soll man da noch sagen...? Junge Leute werden es sich in Zukunft lange überlegen, eine Karriere in der Schweizer Medienwelt anzustreben. Oft sinnlos und riskant. Das ist das schlimme Fazit all dieser Meldungen.
Kommentarfunktion wurde geschlossen

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